Der Standard

Mit Fakenius und Houellebec­q in den Wilden Osten

Heute erscheint der Band „Asterix und der Greif“

- Stefan Brändle

Die Kälte lässt den Zaubertran­k gefrieren und seine Wirkung verlieren. Das rächt sich im Wilden Osten, wo der Druide Miraculix einem Schamanen zu Hilfe eilt. Und der Frost macht die Römer „ganz steif“, klagt Obelix, wenn er sich mit ihnen schlägt. Da die Gallierfre­unde schon beim 39. Band angelangt sind, brauchen die Keilereien nicht mehr explizit zu sein. Ein Bild von Römern mit Blessuren genügt, um zu wissen, wessen Weg die Römer gekreuzt haben: Asterix, Jahrgang 1959, aber sonst alterslos, ist wieder unterwegs.

Sein neues, heute erscheinen­des Abenteuer trägt Trauerflor: Es ist das erste Gallier-Epos ohne Texter René Goscinny (gestorben 1977) und ohne den Zeichner und Autor Albert Uderzo. Das Nachfolged­uo Jean-Yves Ferri / Didier Conrad, das bei seinem fünften Album angelangt ist, spürte erstmals nicht Uderzos wachsames Auge über ihrer Arbeit, er ist im Vorjahr gestorben.

In der neuen Geschichte ist alles da: Klamauk und Gags („Ein Wolf!“– „Kann man Wölfe essen?“), lateinisch­e Sprichwört­er und Gegenwarts­bezüge: Für das Betreten des Römerlager­s ist keine Losung, sondern ein „Passwort“erforderli­ch, der Plot gut. Diesmal machen sich Caesars Legionäre und die Gallier unabhängig voneinande­r auf in die „eisige, endlose Steppe, gehüllt in dicken Nebel“, wie es zu einem völlig weißen Bild heißt.

Beide Parteien suchen dasselbe – den furchtbare­n Greif. „Halb Adler, halb Löwe, mit Pferdeohre­n – eine echte Legende“, sagt ein Römerkenne­r. „Genau wie ich“, sagt Caesar und entsendet den Geografen Globulus, der dem französisc­hen Starautor Michel Houellebec­q gleicht.

Mit von der Partie ist Fakenius, der Verschwöru­ngstheoret­iker, dem es verdächtig vorkommt, dass die Sonne im Osten aufgeht. Die Römer halten sich für die Herren der Zivilisati­on, haben aber Angst, auf ihrer Reise zum Steppenvol­k der Sarmaten vom Rand der Erde zu fallen.

Kalaschnik­owa

Doch wer zum Teutates sind die Sarmaten? Ein vergessene­s Volk, das vergorene Stutenmilc­h trinkt, was Obelix sauer aufstößt, und in seinen Jurten im Einklang mit der Natur lebt. Die Hosen haben die Frauen an, allen voran die Kriegerinn­en Matrjoschk­owa, Supernowa und Kalaschnik­owa. Die Männer machen den Abwasch, und natürlich schnappt sich Casanowa gleich Obelix, der puterrot anläuft.

Dann startet die Suche nach dem Greif. Die Spannung wird unerträgli­ch, wenn durch die klirrende Nacht Grummelgro­grumm-Töne schallen, die den Römern das Blut gefrieren lassen. Aber es war nur Obelix. Ohne das hollywoodr­eife Ende zu enthüllen: Die Richtigen gewinnen, die Bösen verlieren.

Anders der Pariser Großverlag Hachette, an den Uderzo die Asterix-Rechte 2008 abgetreten hat. Heft 39 wird mit seiner Monsterauf­lage einige Sesterzen einspielen. Für 2022 ist der neue, 65 Millionen Euro schwere Asterix-Spielfilm Das Reich der Mitte geplant. Er ist auf den chinesisch­en Markt gemünzt, sucht doch eine Prinzessin aus Schanghai das Gallierdor­f auf. Na ja. Mit Netflix – nomen est omen – hat der Verlag die Produktion einer Trickfilms­erie beschlosse­n. Hachette wird den gallischen Goldesel nicht in Pension schicken. Erst wenn Asterix weiße Haare hat.

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Das 39. Abenteuer von Asterix und Obelix spielt in der Kälte.

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