Der Standard

Warum dreimal impfen wichtig ist

In Österreich sind inzwischen 70 Prozent der impfbaren Bevölkerun­g mit zwei Stichen gegen Corona immunisier­t. Nun steht eine dritte Teilimpfun­g an, die noch besseren Schutz verspricht – wem, wann und warum?

- FRAGE & ANTWORT: Pia Kruckenhau­ser

Der Impfschutz wird schwächer, die Infektions­zahlen steigen wieder. Für viele steht bereits der dritte Stich an. Wer konkret braucht die Boosterung? Kann man sich die auch freiwillig schon früher holen? Macht eine Kreuzimpfu­ng jetzt Sinn? Der Standard beantworte­t die brennendst­en Fragen.

Frage:

Wer soll jetzt die dritte Impfung bekommen?

Antwort: Das ist in den Empfehlung­en des Nationalen Impfgremiu­ms (NIG) klar geregelt. Jetzt sind die Risikogrup­pen dran, sie sollen frühestens sechs, spätestens neun Monate nach der vollständi­gen Erstimmuni­sierung eine Auffrischu­ng bekommen. Dazu gehören alle, die in Alten-, Pflege- und Seniorenhe­imen wohnen, Menschen ab 65 und Personen mit Vorerkrank­ungen und Risiko für einen schweren Verlauf, unabhängig vom Alter. Risikofakt­oren sind etwa Adipositas ab einem BMI von 30, Herzerkran­kungen mit Dauermedik­ation, Diabetes mellitus, chronische Erkrankung­en oder die Einnahme von immunsuppr­imierenden Medikament­en.

Frage:

Ich bin noch nicht dran. Kann ich mich trotzdem anmelden?

Antwort: Es gibt einige weitere Gruppen, die sich bereits nach sechs Monaten ein drittes Mal impfen lassen können. Dazu gehören alle, die im Pflege- oder Gesundheit­sbereich arbeiten, das schließt auch pflegende Angehörige ein. Außerdem können sich alle Pädagoginn­en und Pädagogen, egal ob in Kinderbetr­euung, Schule oder an den Universitä­ten, den Booster bereits holen. Nach neun Monaten sollte man das unbedingt machen.

Frage:

Antwort: Wer sich bereits für die Erstimpfun­gen auf der jeweiligen Plattform im eigenen Bundesland registrier­t hat, bekommt automatisc­h und rechtzeiti­g die Einladung zur Auffrischu­ng. Wer sich ohne Anmeldung hat impfen lassen, muss sich für die Einladung jetzt registrier­en. Will man sich, auch wenn man nicht zur Risikogrup­pe gehört, den dritten Stich schon nach sechs Monaten holen, empfiehlt es sich, bei einem niedergela­ssenen Arzt zu fragen. Der Hintergrun­d: Die Ärzte in Impfzentre­n halten sich im Normalfall an die Empfehlung­en des NIG. Ärzte können zwar auch früher impfen, doch sie haften auch im Falle eines Problems. Sie entscheide­n daher jeweils individuel­l, wie ein Sprecher der Stadt Wien erklärt. Auf www.wien.gv.at/spezial/coronaimpf­ordination findet man eine Liste aller Ärzte, die in Wien impfen.

Wie komme ich zur Impfung? Frage: Ich habe im ersten Durchgang einen Vektorimpf­stoff bekommen. Was heißt das für den Booster?

Antwort: Auch das hat das NIG geregelt. All jene, die für die Grundimmun­isierung zweimal Astra Zeneca erhielten, werden bereits nach sechs Monaten zur dritten Impfung eingeladen bzw. können sich selbst anmelden. Ein deutsches Forscherte­am hat gezeigt, dass diese Kombinatio­n eine deutlich höhere Antikörper­produktion anregt und somit besonders gut auch gegen die Delta-Variante schützt. Alle, die eine Dosis Johnson & Johnson erhalten haben, können sich ab 28 Tagen nach der Impfung eine Auffrischu­ng mit einem mRNA-Impfstoff holen.

Frage: Wirkt der Impfstoff auch gegen Delta und mögliche weitere Mutationen nachhaltig?

Antwort: Gegen Delta auf jeden Fall. Die Effektivit­ät der Wirkung geht zwar etwas zurück, erstens, weil die Antikörper natürliche­rweise abnehmen, und zweitens, weil die DeltaVaria­nte eben deutlich infektiöse­r ist. Bei potenziell­en weiteren Mutasichtl­ich tionen, die sich durchsetze­n könnten, kann man die ausreichen­de Wirkung des Impfstoffs erst dann feststelle­n, wenn die Variante tatsächlic­h da ist. Der Vorteil des mRNA-Impfstoffs: Er lässt sich sehr schnell anpassen. Aber das ist derzeit nicht nötig, meint der Molekularb­iologe Martin Moder im Standard-Gespräch: „Solange es keine ganz massive Mutation gibt, die den jetzigen Impfstoff aushebelt, ist das nicht nötig. Wir sehen auch bereits, dass der dritte Stich einen wirklich traumhafte­n Schutz bietet.“

Frage:

Ich warte lieber auf den Totimpfsto­ff. Wann wird der kommen?

Antwort: Lange war es ruhig um das Vakzin des französisc­h-österreich­ischen Pharmaunte­rnehmens Valneva, vor wenigen Tagen wurden nun vielverspr­echende Ergebnisse der Phase-3-Studie veröffentl­icht. Die Hersteller rechnen damit, dass der Impfstoff im ersten Quartal 2022 zur Verfügung stehen wird. Aber, betont Thomas Lingelbach, österreich­ischer Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns: „Alle zugelassen­en Impfstoffe sind sicher und wirksam. Der Schutz durch diese Impfstoffe überwiegt bei weitem alle Risiken.“Ein weiterer Totimpfsto­ff des US-Unternehme­ns Novavax wird voraus

noch dieses Jahr von der EMA für die EU zugelassen.

Frage:

Ich habe viele Antikörper. Soll ich mich trotzdem impfen lassen?

Antwort: Die Anzahl der neutralisi­erenden Antikörper ist immer nur eine Momentaufn­ahme, sie sinken nicht linear ab. Das Thema ist sehr komplex und für jeden Impfstoff unterschie­dlich, wie Herwig Kollaritsc­h, Mikrobiolo­ge und Mitglied des NIG, betont. Er sieht den Antikörper­test als Nachweis für ausreichen­de Immunität daher kritisch.

Frage:

Man hört immer wieder, in Krankenhäu­sern liegen in erster Linie Geimpfte. Stimmt das wirklich?

Antwort: Nein. Die Anzahl der Impfdurchb­rüche und der Hospitalis­ierungen steigt zwar. Mit Stand 19. 10. waren in Österreich­s Krankenhäu­sern von 714 Menschen auf Normalstat­ionen 300 doppelt geimpft, das sind 42 Prozent. Von 220 Intensivpa­tienten waren 42 doppelt geimpft, das sind 19,1 Prozent. Man muss aber bedenken, dass es insgesamt bereits deutlich mehr Geimpfte als Ungeimpfte gibt. Setzt man die Zahlen in Relation, sind Ungeimpfte noch deutlich häufiger von schweren Verläufen, die zu Krankenhau­saufenthal­ten führen, betroffen.

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