Cum-Ex-Skandal weitet sich aus
Je mehr die Justiz die Deals mit Aktien, die im Kreis geschickt wurden, aufarbeitet, desto größer wird der Fall. In Österreich wurden die Ermittlungen nun ausgeweitet, in Deutschland ist der Schaden höher als angenommen.
Die Idee war einfach: Ein paar Anleger haben Aktien im Kreis geschickt, und jede Partei hat sich die Kapitalsteuer für das Investment rückerstatten lassen, die sie zuvor aber gar nicht abgeführt hatte. Diese Form der Steuerhinterziehung wurde als Cum-ExGeschäfte bekannt. Der Skandal flog 2018 auf – seither ist die Justiz in mehreren Ländern darum bemüht, die gesamte Tragweite dieses Skandals aufzuarbeiten.
In Österreich hat die Justiz die Cum-Ex-Ermittlungen nun ausgeweitet. Vor einem Jahr führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund 45 Beschuldigte und Ermittlungen wegen einer Schadenshöhe von 56 Millionen Euro. Mittlerweile führt die Behörde Ermittlungen gegen rund 60 Beschuldigte, der Schaden soll sich laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins Profil auf rund 83 Millionen Euro belaufen.
Rund 33 Millionen Euro seien der Republik Österreich tatsächlich durch illegal erschlichene Steuererstattungen verloren gegangen. Bei rund 50 Millionen Euro blieb die Tat laut Profil im Versuchsstadium stecken. Neben der WKStA ist nun auch die Staatsanwaltschaft Eisenstadt eingeschaltet. Die Eisenstädter ermitteln in sechs Teilcausen, in denen es um weniger als fünf Millionen Euro Schaden geht.
Der zentrale Fall bei der WKStA bezieht sich laut Profil auf eine Fondsstruktur in Luxemburg, die über eine Schweizer Privatbank mit Investorengeld versorgt wurde. Die
Ermittler gehen laut Verdachtslage davon aus, dass es sich um illegale Cum-Ex-Geschäfte gehandelt habe: Dabei sollen Aktienpakete innerhalb kurzer Zeit auch gleich mehrfach zur Anrechnung gekommen sein – eine besonders aggressive Strategie, die als „Looping“bezeichnet wird.
Der Schaden durch Cum-ExSteuergeschäfte und ähnliche illegale Betrugssysteme ist aber nicht nur in Österreich größer als bisher angenommen. Wie neue Fakten des Recherchenetzwerks Correctiv zeigen, beläuft sich der Schaden allein in Deutschland auf knapp 36 Milliarden Euro. 2018 ging der deutsche Fiskus noch von einer Summe von 31,8 Millionen Euro aus.
Weltweit belaufen sich die Schäden durch diese Deals auf 159 Milliarden Euro. Behörden waren in ihren Schätzungen bisher ursprünglich von 55 Milliarden Euro ausgegangen.
Eine listige Lücke
Der Cum-Ex-Trick wurde durch eine Gesetzeslücke ermöglicht, die inzwischen geschlossen ist. Indizien auf diese Steuerpraktik gab es immer wieder, wurden aber lange nicht weiterverfolgt. Der deutsche Bundesgerichtshof hat im Juli letztlich aber entschieden, dass solche Praktiken für den deutschen Fiskus als Steuerhinterziehung zu bewerten und damit strafbar sind. Von den Cum-Ex-Malversationen sind neben Österreich und Deutschland mindestens zwölf Länder betroffen, darunter auch die USA. (bpf)