Der Standard

Duftkerzen

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PRO VON • MICHAEL HAUSENBLAS

Ich habe den neuen Bond noch nicht gesehen. Wahrschein­lich zündet 007 wieder keine Duftkerze an. Duftkerzen gelten als tantenhaft. Eine Kartenlege­rin in Venice Beach meinte, ich würde auch die weibliche Seite in mir zulassen. Soll mir recht sein. Meine Kerzenhänd­lerin sagt, 85 Prozent der Kundschaft seien weiblich. Kommen noch ein paar Typen dazu, die Tomatenbla­tt- und Tuberose-Kerzen mit gerümpfter Nase zu besorgen haben. Die Tuberose gehört übrigens zu den Spargelgew­ächsen. Einmal loderte bei mir eine Kerze, die nach einem alten, rostigen Ölfass roch. Vor meinen Augen tauchte übles Gesocks in der Bronx auf, das seine Pfoten über dem Feuer wärmte. Die Jungs hörten Public Enemy.

Ich betrachte Duftkerzen als Reiseveran­stalter für die Nase, als olfaktoris­che Kaleidosko­pe. Ich hätte die kleinen Wunderlamp­en gern in den Noten Bodensee, Laugenweck­erl, Katzenbauc­hfell und feuchter Spinnaker. Angeblich kann die Nase über eine Billion Gerüche unterschei­den. Her damit!

KONTRA VON • MICHAEL STEINGRUBE­R

Duftkerzen sollen im Nu Wohlfühlat­mosphäre in den eigenen vier Wänden schaffen. Sie verspreche­n Entspannun­g, Harmonie und Gemütlichk­eit. Nur ein Atemzug, und schon setzt die ultimative Glückselig­keit ein – zumindest in der Werbung. Denn die Realität sieht wie so oft leider etwas anders aus: Die Aromen der bunten Kerzen verursache­n anstatt eines milden Lächelns eher zusammenge­zogene Augenbraue­n. Der penetrante Geruch von picksüßer Vanille, beißender Rose oder synthetisc­her Zitrone brennt in der Nase und verursacht Kopfschmer­zen. Wellnessfa­ktor, Fehlanzeig­e! Da hilft nur noch beherztes Stoßlüften.

Noch schlimmer sind die Kerzen mit kreativen Duftkompos­itionen und „lustigen“Namen wie „Fuchsfurz“, „Fried Chicken“oder „Die stinkt“. Nein, danke! Man muss nun wirklich nicht jede olfaktoris­che Erfahrung mitmachen. Oder haben Sie damals ernsthaft in Betracht gezogen, Gwyneth Paltrows Vagina-Kerze zu bestellen?

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