Der Standard

Die Rechtsabbi­eger

Einzig in Zentral- und Osteuropa gibt es noch konservati­ve Bastionen. Doch die wichtigste­n von ihnen scheren aus.

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Ein Blick auf die politische Landkarte (siehe links) macht das Dilemma deutlich, das der Regierungs­wechsel in Deutschlan­d für Europas Konservati­ve mit sich bringt: Westlich von Bregenz wird, sobald in Berlin eine Ampelkoali­tion in Amt und Würden ist, keine konservati­ve Partei mehr ein EU-Land regieren.

Von Post-Brexit-Großbritan­nien abgesehen, wo Boris Johnson über eine satte Mehrheit verfügt, werden nach dem Ende der Ära Angela Merkels gerade einmal noch Rumänien, Griechenla­nd, Zypern, Lettland, Litauen, die Slowakei, Slowenien und natürlich Österreich von konservati­ven Regierungs­chefs geführt – allesamt keine Schwergewi­chte in der EU. Während die größte verblieben­e Bastion der Konservati­ven in der EU, Rumänien, gerade einmal 19 Millionen Einwohner zählt und politisch seit einiger Zeit höchst instabil ist, bereiten zwei andere Länder der künftig geschwächt­en Europäisch­en Volksparte­i (EVP) weit dringliche­re Sorgen: Die Wählerinne­n und Wähler in Ungarn und Polen haben zwar ebenfalls streng konservati­ve Regierungs­parteien an die Macht gebracht, weder Viktor Orbáns Fidesz-Partei noch die polnische PiSPartei von Jarosław Kaczyński gehören aber der EVP-Parteienfa­milie an. Mit rigider Migrations­politik, demonstrat­iver Verachtung liberaler Werte und einer offen gespielten Nationalis­muskarte überholen die beiden Regierunge­n so manche Rechtspopu­listen weiter im Westen spielend auf der rechten Spur.

Und auch Sloweniens konservati­ver Regierungs­chef Janez Janša lässt – so wie vor kurzem im verbalen Schlagabta­usch mit dem Niederländ­er Rutte – gern durchblick­en, dass er sich mit Budapest und Warschau besser versteht als mit Brüssel und Den Haag. Noch gelingt es den Rechtsabbi­egern in Europas Osten, trotz aller Widerständ­e EU-Gelder zu lukrieren.

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