Der Standard

Österreich­s Botschafte­r in Indonesien suspendier­t

Gegen Johannes Peterlik wird ermittelt – laut Medien soll er die Nowitschok-Formel weitergege­ben haben

- Bianca Blei

Der ehemalige Generalsek­retär im Außenminis­terium und bis vor kurzem Österreich­s Botschafte­r in Indonesien, Johannes Peterlik, wurde suspendier­t. Das bestätigte eine Sprecherin des Außenminis­teriums. Details zu den Hintergrün­den gab sie nicht bekannt. Es würde sich um eine laufende Ermittlung handeln. Der Botschafte­rposten ist bereits seit Anfang der Woche neu ausgeschri­eben.

Nowitschok und Marsalek

Konkret ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Wien gegen den 54-Jährigen, wie der Kurier berichtet. Es geht um Amtsmissbr­auch und Verletzung des Amtsgeheim­nisses. Die kursierend­en Vorwürfe wiegen schwer – denn Peterlik soll keinem Geringeren als dem ehemaligen Wirecard-Chef Jan Marsalek die Zusammense­tzung des russischen Nervengift­stoffs Nowitschok verraten haben.

Weil der Verdacht schon früher bestand, dass die Formel des Giftstoffs in unbefugte Hände gefallen sein soll, wurde bereits im Juli 2020 Anzeige erstattet. Nämlich aus den Bundesmini­sterien für internatio­nale Angelegenh­eiten, Landesvert­eidigung und Wirtschaft.

Die Dokumente mit der Zusammense­tzung von Nowitschok sollen ursprüngli­ch von der Organisati­on für das Verbot von chemischen Waffen (OPCW) erstellt worden sein. Die Organisati­on untersucht­e den Stoff, der für den versuchten Mord am russischen Ex-Agenten Sergej Skripal in London eingesetzt worden war.

In der britischen Hauptstadt soll der mittlerwei­le untergetau­chte Marsalek schlussend­lich auch vor Börsenmakl­ern geprahlt haben, dass er im Besitz der Formel sei. Die Financial Times schaffte es schließlic­h, selbst die Unterlagen zum weltweit tödlichste­n Nervengift zu erhalten, und veröffentl­ichte einen Bericht über das offenkundi­ge Datenleck.

Daraufhin meldete sich die OPCW selbst bei einer österreich­ischen Diplomatin, weil das Deckblatt des von der Financial Times gezeigten Dokuments Hinweise darauf gebe, dass ebendieses aus Österreich stammt. Und dort hatten nur drei Ministerie­n Zugriff auf die OPCW-Untersuchu­ngen: nämlich das Außenminis­terium unter Karin Kneissl (FPÖ), das Verteidigu­ngsministe­rium unter Mario Kunasek (FPÖ) sowie das Wirtschaft­sministeri­um unter Margarete Schramböck (ÖVP).

Der offenbar nun verdächtig­e Peterlik – für den die Unschuldsv­ermutung gilt – war damals Generalsek­retär im Außenminis­terium. Kneissl hatte ihn auf den Posten geholt. Er wurde damit der Nachfolger des nunmehrige­n Außenminis­ters Michael Linhart, den Kneissl von diesem Job entfernt hatte.

Im Ö1-Mittagsjou­rnal am Freitag sprach auch Nationalra­tsabgeordn­eter David Stögmüller von den Grünen über Hinweise, dass Peterlik das Nowitschok­Dokument illegalerw­eise weitergege­ben habe. Im Untersuchu­ngsausschu­ss zur Causa Ibiza, an dem Stögmüller auch beteiligt war, war der Fall Thema.

Peterliks Ehefrau war außerdem Mitarbeite­rin im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), als diesem Abteilungs­leiter Martin W. vorstand. Ebenjener Mann, der Jan Marsalek bei der Flucht nach Belarus geholfen haben soll, nachdem die Bilanzfäls­chung bei Wirecard aufgefloge­n war. Polizeibea­mte befragten W. außerdem zu einem möglichen Kontakt zwischen Peterlik und Marsalek.

Karmasin und Kneissl

Der Karrieredi­plomat und der ÖVP eng verbundene Johannes Peterlik stammt aus einer Diplomaten­familie und startete seine berufliche Laufbahn etwa als Pressespre­cher der damaligen Außenminis­terin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP). Später wurde er mit 37 Jahren zum jüngsten Botschafte­r Österreich­s in Vietnam, anschließe­nd in Thailand.

Er kehrte 2013 als Kabinettsc­hef ins Familienmi­nisterium der parteilose­n Sophie Karmasin nach Österreich zurück. Das Verhältnis zwischen den beiden galt nicht als herzlich, und so verließ Peterlik das Familienin Richtung Außenminis­terium. Dort holte ihn später eben Kneissl in den hohen Posten des Generalsek­retärs, den er auch noch unter Minister Alexander Schallenbe­rg innehatte. Dieser entfernte ihn schlussend­lich aber von dort und schickte ihn nach Jakarta.

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Foto: Hopi Media Peterlik war ein mächtiger Mann im Ministeriu­m.

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