Der Standard

Prozess um Fake-Dokumente für Attentäter

Fünf Monate Haft, aber keine Terrorverb­indung

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Linz H. M. wollte dem späteren Attentäter von Wien gefälschte Dokumente besorgen, weil dieser, so der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft, in den Jihad ziehen wollte – wenige Monate bevor er in Wien vier Menschen erschoss und zahlreiche weitere verletzte. Am Freitag musste er sich daher am Landesgeri­cht in Linz wegen Dokumenten­fälschung und der Mitgliedsc­haft in einer Terrorvere­inigung und in einer kriminelle­n Organisati­on verantwort­en.

Zu seiner Vorgeschic­hte: Der 30jährige Kosovare – er sitzt seit Dezember 2020 in U-Haft – ist mehrmals nach Österreich eingereist und dann wieder abgeschobe­n worden. Im Frühling 2020, da war er gerade im Kosovo, kontaktier­te ihn ein enger Bekannter des späteren Attentäter­s. Im Mai dann überwies dieser dem Angeklagte­n 1400 Euro. H. M. kontaktier­te einen Dokumenten­fälscher in Italien, konnte ihn später aber nicht mehr erreichen, weswegen die bestellte deutsche ID-Card nie zum Attentäter gelangte. Also überwies H. M. 500 Euro zurück an den späteren Attentäter.

Fünf Monate Haft

Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft hat H. M. damit den IS unterstütz­t, denn er habe sehr wohl gewusst, dass der spätere Attentäter mithilfe der Dokumente in den Jihad wollte. Verteidige­r Michael Lanzinger sieht das gänzlich anders: Nach dieser Logik, so meinte er, müsste man auch den Mann, der dem späteren Attentäter ein Würstel verkauft hat, vor Gericht stellen.

Und der Angeklagte? Der ist teilweise geständig, nämlich was die gefälschte­n Dokumente an sich angeht. Es sei ihm schlicht ums Geld gegangen, „wenn Trump mir gemailt hätte, dann hätte ich ihm ein Dokument besorgt“, sagte er.

Dass er dem späteren Attentäter Dokumente besorgte, habe er erst verstanden, als er ihn nach dem Attentat in den Medien sah. Danach stellte er auch sein Handy auf Werkseinst­ellungen zurück. „Sie wissen nicht, was es bedeutet, wenn jemand Sie einen Terroriste­n nennt und Sie wissen, dass Sie kein Terrorist sind“, sagte er sichtlich aufgebrach­t.

In allen Punkten, die den Attentäter betreffen, wird H. M. freigespro­chen – eine Terrorverb­indung konnte ihm nicht nachgewies­en werden, und nachdem er im Kosovo war, als er die Papiere für den Attentäter in Auftrag gab, ist auch das kein Fall für ein österreich­isches Gericht. Er wird einzig wegen eines gefälschte­n Dokuments schuldig gesprochen, das er für seinen Onkel in Auftrag gab. Das Urteil lautet nicht rechtskräf­tig auf fünf Monate Haft, er kommt also noch am Freitag frei. (elas)

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