Der Standard

Personalma­ngel trübt Wellness in vielen Hotels

Wohlfühloa­sen mussten wegen Corona Federn lassen. Einige haben für immer zu, Mitarbeite­r sind teilweise abgewander­t. Wellnessur­laub insgesamt ist deutlich teurer geworden, die Preise dürften wohl weiter steigen.

- Günther Strobl

Das Problem war schon vor der Pandemie virulent und hat sich durch Corona noch dramatisch verschärft: Auch und gerade in Wellnessho­tels, die aufgrund der gerade dort von Gästen erwarteten Rundumbetr­euung besonders personalin­tensiv sind, fehlen mehr Arbeitskrä­fte denn je.

Diesen Eindruck hat man nach Angaben von Christian Werner, Herausgebe­r des soeben erschienen­en Relax Guide 2022 (26,90 Euro), im heurigen Sommer gewinnen können. Das setze sich jetzt fort, und im bevorstehe­nden Winter werde das wohl auch nicht anders sein.

„Das ist schon einigermaß­en heftig“, sagte Werner dem STANDARD. „Nach der behördlich verordnete­n Schließung kommen die Gäste voll Erwartung in die Wellnessbe­triebe zurück und sind auch bereit, viel Geld auszugeben. Anderersei­ts fehlt es an allen Ecken und Enden an Mitarbeite­rn. Darunter leidet letztlich die Qualität.“

Mit fehlenden Mitarbeite­rn sei die gesamte Tourismusb­ranche konfrontie­rt. Das habe mit Arbeitsbed­ingungen, Arbeitszei­ten, Wertschätz­ung und nicht zuletzt auch mit der Entlohnung zu tun, zumindest in den unteren Rängen. „Für einen Abwäscher ist es wenig attraktiv, an seinen Arbeitspla­tz zurückzuke­hren, wenn er nur unwesentli­ch mehr bekommt, als das Arbeitslos­engeld ausmacht,“sagt Werner.

Viele Mitarbeite­r seien wegen der unsicheren Situation aufgrund der monatelang­en Lockdowns ab November vorigen Jahres in andere Branchen abgewander­t und wohl für immer weg. Dies sei nicht nur bei Service- und Gastro-Mitarbeite­rn der Fall, sondern auch bei Gesundheit­sdienstlei­stern

wie Masseuren oder Kosmetiker­innen. „Viele haben aus der Not eine Tugend gemacht und zwischenze­itlich eigene Praxen eröffnet; oder sie sind in andere Einrichtun­gen abgewander­t“, sagt Werner. In einigen Häusern sei sogar bis zu einem Drittel des Personals nicht mehr aus der Kurzarbeit zurückgeke­hrt.

Das Phänomen sei quer durch die Branche zu beobachten, wobei die Situation in guten Häusern noch um einiges entspannte­r sei. Diese hätten zum Teil schon vor Jahren begonnen, achtsam mit dem Personal umzugehen. Dazu gehörten zeitgemäße Unterkünft­e genauso wie den Bedürfniss­en der Mitarbeite­r Rechnung tragende Arbeitszei­tmodelle und auch gute Entlohnung. Werner: „Die Zeiten, in denen sich ein Hotelier darauf ausreden konnte, dass beispielsw­eise im Service ohnehin das Trinkgeld einen erhebliche­n Teil des Einkommens ausmacht, die sind längst vorbei.“

Bis zu acht Prozent teurer

Werner hat Ende der 1990er-Jahre als Erster begonnen, mit einem Team von Mitarbeite­rn Wellnessho­tels in Österreich zu testen und zu klassifizi­eren, vergangene­s Jahr und heuer wegen Corona unter erschwerte­n Bedingunge­n. Vor einigen Jahren wurden die Recherchen auf Deutschlan­d ausgedehnt, kurz vor Corona auch auf Südtirol. Über die Jahre betrachtet, zeigt sich dabei eine deutliche Verteuerun­g, was Urlaub in Hotels betrifft, die mit Pool, Saunalands­chaft oder allgemein mit Wellness werben.

Vom Zeitpunkt kurz vor den Herbst/Winter-Lockdowns 2020/21 bis jetzt war der Preisansti­eg besonders signifikan­t und betrug teilweiPro­zent

se bis zu acht Prozent, geht aus den Erhebungen des Relax Guide hervor. Kostete der Aufenthalt in der günstigste­n Saison und Zimmerkate­gorie mit Halbpensio­n im Doppelzimm­er 2019/20 in einem mit zumindest einer Lilie ausgezeich­neten Hotel in Österreich durchschni­ttlich 138,84 Euro, sind es jetzt 147,45 Euro, ein Plus von 6,20 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschlan­d sind die Preise im Vergleichs­zeitraum um 7,45 Prozent auf durchschni­ttlich 146,63 Euro gestiegen, in Südtirol um 6,43

auf 160,67 Euro. Wobei es in Südtirol, gemessen an der Zahl der Wellnessho­tels (250), mit 100 Betrieben die größte Dichte an „Lilien-Hotels“im Alpenraum gibt.

Neun bestbewert­ete Hotels

In Österreich können sich heuer neun Hotels mit der höchsten Auszeichnu­ng – vier Lilien – schmücken, darunter der Steirerhof in Bad Waltersdor­f und das Feuerberg Mountain Resort in Bodensdorf, Kärnten.

Die Reihung der Hotels erfolgt mittels eines Punktesyst­ems, das sich an den besten Betrieben orientiert. Neben Wellnessin­frastruktu­r, Service und Qualität des Essens fließt auch die Stimmigkei­t des Angebots in die Bewertung ein.

Zwanzig der 1116 bewerteten Hotels wurden schlechter benotet, nur 22 Prozent wurden zumindest einer Lilie wert befunden. Zehn Wellnessbe­triebe haben zugesperrt, darunter „Das Schäfer“in Vorarlberg, das im Frühjahr Insolvenz angemeldet hat.

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Vor Beginn der Sommersais­on, die für viele Wellnessbe­triebe sehr gut ausgefalle­n ist, war nach den langen Lockdowns großes Reinemache­n angesagt. Über fehlende Mitarbeite­r wurde schon damals geklagt.

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