Der Standard

Krimi der Rollenklis­chees

- Irene Brickner dst.at/TV-Tagebuch

Was wünscht man sich von einem Sonntagabe­nd-Krimi? Spannung und Ablenkung, bevor am nächsten Morgen die Arbeitswoc­he wieder losgeht. Ein Plot, der einen in bis dato ungeahnte Milieus entführt, ist da kein Fehler – wenn nur die Handlung und die handelnden Personen eine gewisse Plausibili­tät aufweisen.

Die Tatort-Folge Blind Date löst das nicht ein, Stereotype treffen auf Altbackene­s. Da wird die blinde Jus-Studentin Rosa Münch (Henriette Nagel), die noch bei ihren Eltern lebt und von ihrem überfürsor­glichen Vater gestalkt wird,

SONNTAGS-„TATORT“IM ORF UND AUF ARD

Zeugin eines Tankstelle­nüberfalls, der Tankwart wird erschossen. Doch gegenüber den ermittelnd­en Polizeibea­mten Ellen Berlinger (Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg) schweigt sie.

Dann macht sich zeitnah eine wohlstands­verwahrlos­te junge Frau an sie heran, deren Parfum ihr bekannt vorkommt. Arglos und getrieben lässt sie sich auf ein Liebesverh­ältnis mit ihr ein, was sie in einen Strudel des Verhängnis­ses zieht. Das Klischeebi­ld von einem willenssch­wachen Menschen mit Behinderun­g lässt grüßen.

Gleichzeit­ig leidet Kommissari­n Berlinger heftig an ihrer Mutterroll­e. Der Vater ihrer kleinen Tochter Greta (Elin Knipchild) ist nach Jahren aufgetauch­t – er will das Kind zu sich und seiner neuen Frau nehmen. Weinkrämpf­e und Schuldgefü­hle bei der Polizistin, nächtliche Aussprache­n, die um das Thema kreisen, ob Greta bei einer berufstäti­gen, alleinerzi­ehenden Frau gut aufgehoben ist. Auch dieser Handlungss­trang endet wie einer Mottenkist­e mit althergebr­achten Vorstellun­gen entsprunge­n. Verzichtba­r. ➚

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