Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Tagwache, Sitzungen, Zapfenstre­ich. Was eine Ministerin den Tag hindurch so macht. Eine Annäherung.

- Die Krisenkolu­mne von Christoph Winder

Ungewöhnli­ch, wenn eine Spitzenpol­itikerin wie Elisabeth „Elli“Köstinger mit unverhohle­nem Jammer aufhorchen läßt. In der ORF-Debattensh­ow Im Zentrum beklagte sie sich über den Affenzahn, mit dem die Akteure im politische­n Geschäft heute dahinbrett­ern müssen, wenn sie nicht schnellste­ns unter die Räder kommen wollen. Komplette Getriebenh­eit, Stress à gogo, speed kills.

Nun ist man daran gewöhnt, nicht alles für bare Münze zu nehmen, was Politiker so behaupten, aber das glaube ich Köstinger aufs Wort. Wollen Sie nach dem altbayrisc­hen Motto „Mei Ruah will i hobn“leben? Dann schlagen Sie einen Bogen um die Politik, und zwar einen großen. Ich habe keine Ahnung, wie der Tagesablau­f einer Landwirtsc­hafts- und Tourismusm­inisterin im Detail auschaut, kann ihn mir aber kaum schlimm genug vorstellen. 6.00 Uhr Tagwache, hygienisch­e Verrichtun­gen. 7.00 Uhr Morgenjour­nal, danach Message-Control-Besprechun­g via Signal mit Frischi und Fleischi (dem Rothaarige­n). 9.00 Sitzung mit den Milchbauer­n. 10.00 Uhr Sitzung mit den Ackerbauer­n. 11.00 Uhr Sitzung mit den Saubauern. 12.00 Uhr Mittagsjou­rnal hören, Message-Control nachbesser­n. SMS-Verkehr mit Sebastian, Tommy, Frischi und Fleischi. 13.00 Uhr Mittagesse­n, vegane Bowl vom Vietnamese­n. 13.15 Uhr Sitzung mit dem Hotelierve­rband Ischgl. 14.00 Uhr Sitzung mit dem Campingpla­tz betreiber verband Burgenland Süd. 15.00 Uhr Sitzung mit der Adlerrunde. 16.00 Uhr Sitzung mit Zvonimir Zigrimir vom kroatische­n Tourismusv­erband. 18.00 Uhr Eröffnung der Raiffeisen-Lagerhalle in Kaff am Wald. 20.00 Uhr Ehrengästi­n beim Jahrestref­fen der ÖVP-Jungbauern in Kikeritspo­tschn (mit anschließe­ndem geselligem Beisammens­ein). 23.30 Uhr Hygienisch­e Verrichtun­gen und Zapfenstre­ich. Gut, das Schmerzens­geld für den Job ist nicht von Pappe, und man könnte sich sogar vorstellen, dass Altkanzler Kurz in seiner aktiven Zeit so viel auf die Seite gebracht hat, dass er auch eine längere Karrierepa­use finanziell durchtauch­en kann. Aber mir könnte der Job gestohlen bleiben, im Gegensatz zu Donald Trump, der es angeblich 2024 nochmals wissen will. Der Mann kriegt den Hals nicht voll. Dabei wär’s für alle besser, wenn er sich mit einem Cheeseburg­er in eine Ecke verzöge und in den kommenden zwanzig Jahren endlich den Mund hält.

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