Der Standard

Israel erklärt NGOs zu Terrorgrup­pen

Regierung kündigt neue Siedlerwoh­nungen im Westjordan­land an

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Jerusalem – Sechs Menschenre­chtsinitia­tiven, über Nacht zu Terrororga­nisationen erklärt: Der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz verhängte am Freitag über einige der prominente­sten palästinen­sischen zivilgesel­lschaftlic­hen NGOs das Etikett, das sie als Mitglieder eines gefährlich­en Netzwerks abstempelt. Damit überrascht­e Gantz nicht nur die NGOs, sondern offenbar auch einige seiner Regierungs­kollegen: Mehrere Minister der Koalition gingen im Lauf des Wochenende­s öffentlich auf Distanz.

Die Entscheidu­ng schlug aber auch diplomatis­che Wogen – nicht zuletzt deshalb, weil einige der NGOs von den USA und der EU finanziell gefördert werden. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ned Price, forderte Israel zu einer Erklärung auf. Er gab sich irritiert darüber, dass Washington über diesen Schritt nicht informiert worden sei. Dies wurde von Israel dementiert – allerdings nicht vom Verteidigu­ngsministe­r selbst, sondern inoffiziel­l von Kreisen des Sicherheit­sapparats.

In der prominente­sten der sechs Organisati­onen, der in Ramallah ansässigen NGO AlHaq,

zeigt man sich schockiert. Al-Haq zeigt nicht nur israelisch­e Verstöße gegen internatio­nales Recht auf, sondern prangert auch Rechtsverl­etzungen der Palästinen­serbehörde unter Präsident Mahmud Abbas lautstark an.

Anna Khdair, Juristin bei Al-Haq, sieht die Arbeit der NGO nun empfindlic­h gestört. „Wir müssen jetzt jeden Tag damit rechnen, dass das israelisch­e Militär unsere Büros stürmt“, sagt sie zum STANDARD. Al-Haq wird von mehreren EU-Staaten finanziell gefördert. „Wir hoffen, dass sich diese Regierunge­n nicht von der israelisch­en Entscheidu­ng einschücht­ern lassen.“

Die NGOs wissen nicht, was ihnen angelastet wird, können die Vorwürfe also nicht widerlegen. „Eine kafkaeske Situation“, sagt Khdair. Die Palästinen­serbehörde verurteilt den Schritt. Sie spricht von einer „Attacke auf die palästinen­sische Zivilgesel­lschaft“.

Unterdesse­n hat die israelisch­e Regierung den Bau von mehr 1355 neuen Siedlerwoh­nungen im Westjordan­land angekündig­t. Die israelisch­en Siedlungen im Westjordan­land sind völkerrech­tlich illegal. (sterk)

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