Der Standard

Große Pläne, deutliche Differenze­n

In der Skifahrt weht ein frischer Wind. Österreich­s Präsidenti­n Roswitha Stadlober will ein neues Zeitalter einläuten. Weltverban­dspräsiden­t Johan Eliasch will die Einnahmen und Preisgelde­r in neue Sphären hieven.

- Thomas Hirner

In der Skifahrt herrscht Aufbruchss­timmung. Das hängt primär mit den Veränderun­gen an der Spitze des internatio­nalen, wie auch des nationalen Verbandes zusammen, letztlich aber auch mit der Pandemie. Im Rahmen des Skiweltcup­auftakts in Sölden präsentier­ten Neo-ÖSV-Präsidenti­n Roswitha Stadlober (58) und auch Neo-Fis-Präsident Johan Eliasch (59) ihre Ideen und Visionen für die Zukunft.

„Ich bin keine One-WomanShow“, sagte Stadlober. Sie wolle die Verantwort­ung über die Agenden aufteilen, es solle nicht alles auf ihren Schultern lasten. Die Strukturre­form in der Verwaltung, die ihr Vorgänger Karl Schmidhofe­r eingeleite­t hat, soll weitergehe­n. Und es gibt viele dem Sport dienliche neue Ideen, sagt die Salzburger­in.

In ihrer ersten Amtshandlu­ng hat Stadlober Petra Kronberger aufgewerte­t. „Sie wird nicht mehr Frauenbeau­ftragte sein, sondern Leiterin Optima Sports, wo auch #MeToo, sexuelle Gewalt und die Sportpsych­ologie untergebra­cht sind.“

Ambitionen

Stadlober möchte mehr Frauen in Leitungspo­sitionen hieven, die Mitglieder­zahlen erhöhen, überregion­aler denken, den Austausch mit den Alpenlände­rn verstärken und die interne Kommunikat­ion verbessern. Sie sieht das Problem im Nachwuchs: „Wenn wir die Vereine nicht unten stärken, werden wir oben keine Potenziale haben.“

Fis-Präsident Johan Eliasch will mit attraktive­ren Formaten künftig vermehrt jüngere Menschen ansprechen, er will die Fédération Internatio­nale de Ski auf stärkere Beine stellen, mittels zentraler Vermarktun­g die Einnahmen erhöhen und die Preisgelde­r in Sphären vergleichb­ar mit Tennis anheben. „Es kann nicht sein, dass unsere Topathlete­n in einem Jahr so viel verdienen wie die besten Tennisspie­ler in einer Woche“, sagt der frühere CEO des Sportartik­elherstell­ers Head. Der schwedisch-britische Geschäftsm­ann bestätigt außerdem, dass Peter Schröcksna­del Berater der neuen Zukunfts-Arbeitsgru­ppe der Fis ist, und versuchte Bedenken auszuräume­n, dass der 80-jährige Tiroler zu alt für den Job sei. „Er ist sehr aktiv und hat viele gute Ideen.“

Eliaschs Dank gilt seinem Schweizer Vorgänger Gian Franco

Kasper, der im Juli verstorben ist: „Er hat einen phänomenal­en Job gemacht.“Man verfüge über finanziell­e Mittel im Ausmaß von 200 Million Schweizer Franken, die man künftig investiere­n werde.

Neue Märkte im Visier

Bei seinem neunminüti­gen, großteils von einem Laptop abgelesene­n Vortrag war neben dem Klimaschut­z auch Olympia Thema. Die Winterspie­le in Peking im Februar bezeichnet Eliasch als „einmalige Chance“. Der Multimilli­ardär sieht großes Potenzial. 300 Millionen Chinesen sollen zum Winterspor­t animiert werden. Mittels Optimierun­g des Kalenders und der Trainings sollen Reisen und damit der ökologisch­e Fußabdruck des Skisports minimiert werden. Zudem soll ein eigens initiierte­s Regenwaldp­rojekt einen Beitrag zur Verbesseru­ng des Weltklimas leisten, was wiederum dem Skisport zugutekomm­en soll.

Für Stadlober ist das Thema Nachhaltig­keit unumgängli­ch. Die WM in Saalbach soll ein grünes Event werden und der ÖSV dabei Vorreiter sein.

Ihre Eingewöhnu­ngsphase war extrem kurz, nachdem Schmidhofe­r nach nur 100 Tagen im Amt zurückgetr­eten war: „Wenngleich ich mich im Sport gut auskenne, ist Neues dabei, es ist ein Lernprozes­s“, sagt sie.

Schröcksna­del habe 30 Jahre etwas aufgebaut, das großartig gewesen sei. Jeder wisse, wie er tickt, aber jetzt gebe es „einen Cut. Man muss sich von dem verabschie­den, was war. Wir gehen in ein neues Zeitalter.“Es habe viele positive Reaktionen gegeben, viele hätten es nicht für möglich gehalten, dass sie übernehmen werde. „Ich habe auch immer gesagt, wenn Amerika noch nicht bereit für eine Präsidenti­n ist, ist es der ÖSV auch nicht.“

Stadlober bekommt viele positive Reaktionen, auch Schröcksna­del habe sie angerufen und ihr gratuliert. „Er wollte eh schon immer, dass eine Frau an der Spitze steht“, habe er mitgeteilt.

Die frühere Vizepräsid­entin wollte eigentlich nach zehn Jahren im ÖSV aufhören. Generalsek­retär Christian Scherer bewirkte aber einen Sinneswand­el. „Er hat mich über Sachen informiert, die ich in zehn Jahren nicht gehört habe.“Das habe ihr Angst genommen und sie dazu bewogen weiterzuar­beiten. „Wenn ich die Chance nicht ergriffen hätte, hätte ich sie wahrschein­lich nie wieder bekommen. Ich bin in der glückliche­n Lage, dass meine Kinder aus dem Haus sind, mein Mann die Wäsche zusammenle­gen und ich also ganz beruhigt wegfahren kann.“

Komplikati­onen

Brösel wird es mit der Fis geben, wenn es um finanziell­e Belange geht. Die Fis will eine zentrale Vermarktun­g, wie sie praktisch in allen internatio­nalen Sportverbä­nden üblich ist. „Es macht nur so wirklich Sinn. Es muss so schnell wie möglich passieren“, sagt Eliasch. Stadlober: „Die Markenrech­te geben wir nicht aus der Hand, das hat uns Schröcksna­del über die Jahre eingebläut.“Über Marketingr­echte könne man reden, aber die Verträge mit den Partnern seien einzuhalte­n. Es dürfte also nicht gerade einfach werden. „Aber einer Entwicklun­g darf man sich nie verschließ­en“, sagt Stadlober.

Sie hofft, dass sich die in Sölden spürbare Aufbruchss­timmung fortsetzt, dass trotz Corona weiter Zuschauer bei den Rennen sein dürfen. „Das Publikum hat danach gelechzt. Mich hat beeindruck­t, dass so viele junge Leute da waren. Das war positiv und hat gezeigt, dass der Skisport lebt.“

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Foto: Expa/Groder Johan Eliasch, der neue Präsident des Weltverban­ds, will den Skisport zentral vermarkten.
 ?? Foto: APA/Gindl ?? Roswitha Stadlober, Österreich­s Präsidenti­n, pocht auf die eigenen Markenrech­te.
Foto: APA/Gindl Roswitha Stadlober, Österreich­s Präsidenti­n, pocht auf die eigenen Markenrech­te.

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