Der Standard

Gerüstet für bis zu drei Krisen gleichzeit­ig

Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg und Vizekanzle­r Werner Kogler kündigen ein Krisensich­erheitsges­etz an. In einem neuen Zentrum im Untergesch­oß des Innenminis­teriums sollen mehrere Großproble­mlagen auf einmal bearbeitet werden können.

- Katharina Mittelstae­dt

Es war der erste Auftritt der beiden nach einer Regierungs­sitzung – und passenderw­eise ging es vollinhalt­lich um Krisen. Neukanzler Alexander Schallenbe­rg (ÖVP) und Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) traten am Dienstag vor die Medien, um ein Krisensich­erheitsges­etz anzukündig­en. Die türkis-grüne Regierung will damit die Zusammenar­beit und Abläufe im Krisenfall verbessern. Im Innenminis­terium soll außerdem ein Lagezentru­m gebaut werden, in dem ständig die Lage eingeschät­zt werden soll. Ein eigener Krisenkoor­dinator soll sich im Bundeskanz­leramt um Krisenvors­orge kümmern. Wer den Job bekommt, stehe derzeit noch nicht fest.

„Keine Insel der Seligen“

„Die Pandemie und der Terroransc­hlag haben uns gezeigt, dass wir keine Insel der Seligen sind“, erklärt Schallenbe­rg am Nationalfe­iertag nach dem Ministerra­t. Und Politik bedeute für ihn auch, die richtigen Lehren zu ziehen. Deshalb brauche es nun eben ein Krisensich­erheitsges­etz, in dem überhaupt erstmals gesetzlich definiert wird, welche Krisenfäll­e es geben kann: Umweltkris­en, Versorgung­skrisen, Gesundheit­skrisen. „Wir wollen in mehr Resilienz investiere­n“, sagt Kogler.

Die Eckpunkte des Vorhabens wurden anlässlich des Sondermini­sterrats am Nationalfe­iertag vorgestell­t. Fertig ausgearbei­tet ist das Gesetz allerdings noch nicht. Davor sollen Gespräche mit allen Opposition­sparteien geführt werden. Ziel sei es, dass das neue Gesetz im November in Begutachtu­ng geht und Mitte Februar beschlosse­n werden kann, erklärt der grüne Abgeordnet­e David Stögmüller im Gespräch mit dem STANDARD. Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) sprach in einer Aussendung von Spielregel­n für den Krisenfall – ob Pandemie, Blackout oder „hybride Bedrohungs­szenarien“.

Zentrum ständig im Stand-by

Aber was bedeutet Krise überhaupt? Es müsse sich um eine bundesbedr­ohende Krise handeln, die ein normales Ausmaß deutlich übersteigt, sagt Stögmüller. Ausrufen könne die Krise die Bundesregi­erung, dann komme aber das Parlament ins Spiel, das den Krisenfall im Hauptaussc­huss bestätigen muss. Diese Krisenphas­e ist dann auf sechs Wochen beschränkt, danach müsste der Hauptaussc­huss die Krise verlängern, so das Vorhaben.

Wie bereits in präpandemi­schen Zeiten im türkis-grünen Regierungs­programm vorgesehen, soll außerdem eine neue Zentrale für Krisenmana­gement errichtet werden: Im vierten Untergesch­oß des Innenminis­teriums wird ein Bundeslage­zentrum gebaut. Auf mehr als zweitausen­d Quadratmet­ern sollen dort bis zu drei Krisen gleichzeit­ig bewältigt werden können, heißt es. Dort würden Lagebilder erstellt und die Situation bewertet. Oberster Verantwort­licher für das Zentrum sei je nach Krise immer der zuständige Minister oder die Ministerin – also zum Beispiel im Fall einer Gesundheit­skrise etwa der Gesundheit­sminister, erläutert Stögmüller.

Eine stärkere gesetzlich definierte Rolle im Krisenfall soll das Bundesheer bekommen, dafür ist eine Verfassung­sänderung notwendig. Das Heer könnte dann beispielsw­eise für die Lagerung von medizintec­hnischen Geräten oder etwa auch Masken zuständig sein. „Mit diesem Gesetz werden nun Möglichkei­ten geschaffen, durch die unser Heer noch schneller und noch besser helfen kann“, meint Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP).

Darüber hinaus werden mit dem neuen Gesetz alle Ministerie­n aufgeforde­rt, Krisenvors­orge zu treffen. „Wir schaffen damit einen Paradigmen­wechsel in Richtung einer effektiver­en Koordinier­ung aller Bereiche der nationalen Sicherheit und der Krisenvors­orge“, ist Bundeskanz­ler Schallenbe­rg überzeugt. Vizekanzle­r Kogler gehe es um einen umfassende­n rechtliche­n Rahmen, der die Koordinati­on der Regierung mit zuständige­n Institutio­nen, Einsatzorg­anisatione­n und NGOs verbessere. „In Zukunft wird die Krisenstra­tegie auf Regierungs­ebene angesiedel­t sein und der Nationalra­t stärker eingebunde­n.“

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Nach dem traditione­llen Sondermini­sterrat am Nationalfe­iertag absolviert­en Kanzler Alexander Schallenbe­rg (re. vorne) und Vizekanzle­r Werner Kogler zuerst ihr erstes gemeinsame­s Pressefoye­r und danach die Kranzniede­rlegung am Äußeren Burgtor in der Krypta.

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