Der Standard

Sondereinh­eiten teilten sich Wien auf

Cobra und Polizei arbeiteten beim Terroransc­hlag gut zusammen

- Michael Möseneder

Eine Stichflamm­e schießt in die Höhe, Schüsse knallen, zwei Hubschraub­er knattern, dann sind die vier Verdächtig­en gefasst. Die Sondereinh­eit Cobra nutzte den bevorstehe­nden Jahrestag des Wiener Anschlags für eine Pressevorf­ührung ihrer Einsatztec­hnik in der Zentrale in Wiener Neustadt und einen Rückblick auf die Geschehnis­se am Abend des 2. November.

Eine Bilanz, die positiv ausfällt. CobraDirek­tor Bernhard Treibenrei­f zollt seinen Kollegen der Wiener Polizei Respekt: „Die haben einen tollen Job gemacht“, sagt er über die beiden Streifenpo­lizisten, die als Erste die Schüsse des Angreifers erwiderten, und jene Beamten, die den 20-jährigen Schützen schließlic­h töteten. Neun Minuten nach dem ersten Notruf seien aber auch die ersten CobraKräft­e des Stützpunkt­s Wien vor Ort gewesen, lobt Hannes Gulnbrein, operativer Leiter der Sondereinh­eit, die rasche Reaktionsz­eit.

Einsatz im West- und Ostsektor

Arbeit gab es genug: Hunderte Notrufe gingen in den ersten beiden Stunden nach dem Anschlag, der vier Menschen das Leben kostete, bei der Polizei ein. Da zu diesem Zeitpunkt unklar war, ob es sich um einen Einzeltäte­r oder den koordinier­ten Angriff einer Zelle handelte, mussten alle Meldungen – von der Sichtung eines Bewaffnete­n in der U-Bahn bis zu Geiselnahm­en auf der Mariahilfe­r Straße – überprüft werden. Dafür sei die Bundeshaup­tstadt in einen West- und einen Ostsektor geteilt worden: In dem einen rückte die Cobra aus, im anderen kontrollie­rte die Wega.

Für Treibenrei­f zeigte der Einsatz aber auch, dass die Exekutive aus früheren Anschlägen in Europa die richtigen Lehren gezogen habe. Bei den Anschlägen in Paris vom November 2015 hätten beispielsw­eise französisc­he Polizisten angesichts der unübersich­tlichen Lage beim Bataclan-Theater zunächst auf anrückende­s Feuerwehrp­ersonal gefeuert. Daher sei in Österreich ein Einsatzhan­dbuch für alle Blaulichto­rganisatio­nen – Polizei, Rettung, Feuerwehr – ausgearbei­tet worden, das die Koordinier­ung verbessern sollte.

Armbinden als Erkennungs­zeichen

Auch aus dem Attentat vor dem OlympiaEin­kaufszentr­um in München im Juli 2016, bei dem neun Passanten erschossen wurden, zog die heimische Exekutive Schlüsse, berichten die beiden Cobra-Beamten. Einerseits erkannte man den Nutzen sozialer Medien, um auf offizielle­n Kanälen den grassieren­den Gerüchten zu begegnen. Anderersei­ts änderte man einen weiteren Punkt: Da zivile Polizisten mit gezückter Dienstwaff­e in München für Attentäter gehalten wurden, haben die österreich­ischen Beamten mittlerwei­le auch in der Freizeit Armbinden dabei, die sie als Bundesbedi­enstete kennzeichn­en.

Auch mit Blick auf die Zukunft und die Zusammenar­beit der Sondereinh­eiten mit der neu geschaffen­en Direktion für Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst, der Nachfolgee­inheit des in Verruf geratenen Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g, zeigt sich Treibenrei­f optimistis­ch. Man stehe mit dem künftigen Führungspe­rsonal der Dienststel­le, die am 1. Dezember ihre Arbeit beginnt, bereits in Kontakt.

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