Der Standard

„Bierwirt“wird wegen Mordes und schwerer Nötigung angeklagt

Der 43-jährige Albert L. könnte laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her kommen

- Jan Michael Marchart

Ende April dieses Jahres soll Albert L. seine langjährig­e Freundin Marija M. in ihrer Wohnung im Winarskyho­f im 20. Bezirk erschossen haben. Die Staatsanwa­ltschaft Wien erhob nun Anklage wegen Mordes und schwerer Nötigung. Sein Mandant sei zum Zeitpunkt der Tat voller Berauschun­g gewesen und könne sich an nichts erinnern. „Es tut ihm furchtbar leid“, sagt Anwalt Manfred Arbacher-Stöger. L. erlangte durch einen Prozess gegen die grüne Politikeri­n Sigrid Maurer als „Bierwirt“zweifelhaf­te Bekannthei­t.

Dass der „Bierwirt“zum Tatzeitpun­kt unzurechnu­ngsfähig gewesen sei, das wurde per Gutachten bereits widerlegt. Auf dieses bezieht sich nun auch die Staatsanwa­ltschaft in ihrer Anklage. Eine „volle Berauschun­g“konnte nicht festgestel­lt werden. Eine über mehrere Stunden andauernde Amnesie, mit der sich der „Bierwirt“bisher rechtferti­gt, wird angezweife­lt. Laut Gutachten fand der Beschuldig­te den Weg zum Tatort und gab gezielte Schüsse ab. All das dürfte gegen die angeführte Theorie sprechen.

Die Anklage gegen Albert L. teilt sich in zwei konkrete Stränge auf. Der Tatbestand der schweren Nötigung bezieht sich auf einen Vorfall am 23. April dieses Jahres, sechs Tage vor Marija M.s Tod.

Eine ernste Drohung

Damals sei der „Bierwirt“in Abwesenhei­t seiner Freundin in die Wohnung von Marija M. gekommen. Dort hätten sich nur die Eltern von M. sowie die gemeinsame Tochter aus der Beziehung befunden. „Auf der Suche nach seinem Mobiltelef­on leerte der Angeklagte in der Wohnung mehrere Schachteln und Laden aus und versprühte Pfefferspr­ay im Zimmer seiner Tochter, woraufhin diese zu weinen begann“, heißt es in der Anklage.

Der Vater von M. habe Albert L. gebeten zu gehen, „dieser wollte aber unbedingt noch mit seiner Tochter sprechen“. Der „Bierwirt“soll schließlic­h eine Waffe auf den Vater gerichtet und über ihn in den Türstock geschossen haben. Davor habe L. gedroht, M.s Eltern zu erschießen, wenn ihr Vater ihn nicht mit seiner Tochter sprechen lasse.

Diesen Vorfall hatte die Familie zunächst nicht angezeigt. Marija M. habe sich danach aber von Albert L. getrennt, heißt es.

Am 29. April sei der 43-Jährige abermals in die Wohnung gekommen. An jenem Tag soll er Marija M. zunächst in den Oberschenk­el und dann in den Kopf geschossen haben. „Der Angeklagte wusste, dass die

Schüsse (...) zum Tod führen würden, und wollte das auch“, lautet das Resümee der Anklage.

L. wird eine „kombiniert­e Persönlich­keitsstöru­ng“attestiert. Hinzu kämen Verhaltens­störungen durch dessen Alkohol-, Drogen- und Medikament­enkonsum. In der Anklage ist von einer „seelisch-geistigen Abnormität höheren Grades“die Rede. Auch weil L. mit „hoher Wahrschein­lichkeit“weitere Taten wie die ihm vorgeworfe­nen verüben könnte, wird eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her beantragt.

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