Der Standard

EZB trotzt Inflations­druck

Obwohl der Druck durch die hohe Inflation weiter ansteigt, schiebt die EZB die Ankündigun­g der geldpoliti­schen Straffung auf. Erst im Dezember will die Notenbank über die Zukunft des Corona-Notprogram­ms entscheide­n.

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Die Inflations­raten in Europa steigen weiterhin deutlich. In Deutschlan­d erreichte der Auftrieb der Konsumente­npreise im Oktober 4,5 Prozent, das ist der höchste Wert seit August 1993, wie am Donnerstag bekannt wurde. Auch in Österreich und der gesamten Eurozone lag die Inflation mit 3,3 bzw. 3,4 Prozent über jenen zwei Prozent, die die EZB als mittelfris­tigen Zielwert anstrebt. Dennoch behält die Notenbank ihren extrem expansiven Kurs vorläufig bei.

Wie erwartet bestätigte die EZB am Donnerstag ihren Leitzins von null Prozent, wo er bereits seit März 2016 verharrt. Ebenso lässt sie ihr reguläres Wertpapier­kaufprogra­mm App im Volumen von 20 Milliarden Euro monatlich weiterlauf­en. Zudem wird das wegen Corona eingeführt­e Krisenkauf­programm Pepp, über das die Notenbank Wertpapier­e in Höhe von etwa 70 Milliarden Euro pro Monat erwirbt, moderat gedrosselt.

Erneut wies EZB-Chefin Christine Lagarde darauf hin, dass die derzeit hohen Inflations­werte kurzfristi­g sogar weiter steigen könnten, aus Sicht der Währungshü­ter aber im Lauf des nächsten Jahres wieder abflauen werden. Mittelfris­tig erwartet sie, dass die Teuerung wieder unter die Zielmarke der EZB sinken werde. Dennoch ist die Notenbank bei der Lohnentwic­klung auf der Hut. „Aufgrund der Daten sehen wir keinen Grund dafür, anzunehmen, dass die Löhne substanzie­ll steigen“, beruhigte Lagarde.

Die Wirtschaft in der Eurozone erhole sich weiterhin. „Allerdings hat sich das Momentum etwas abgeschwäc­ht“, ergänzte Lagarde. Die Probleme mit den Lieferkett­en werden ihrer Meinung nach auch im ersten Quartal anhalten.

Entscheidu­ng im Dezember

Über die weitere Zukunft des Krisenkauf­programms Pepp, das nach derzeitige­m Stand bis März 2022 laufen soll, will die Zentralban­k erst auf ihrer Dezembersi­tzung entscheide­n. Erwartet wird, dass die Notenbank im nächsten Jahr dessen Volumen ausgehend sukzessive drosseln und in weiterer Folge auslaufen lassen wird. Experten gehen davon aus, dass im Gegenzug das reguläre Kaufprogra­mm App etwas hochgefahr­en wird und möglicherw­eise zusätzlich­e Werkzeuge zur Finanzieru­ng von Finanzinst­ituten eingeführt werden.

„Die derzeit steigenden Inflations­erwartunge­n sind ein besonders starkes Argument für ein Ende der Pepp-Käufe im März 2022“, betont ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. „Daran ändert auch die aktuelle Abkühlung der Konjunktur nichts.“Andere Experten gehen von einem gemächlich­eren Vorgehen der EZB aus. „Ähnlich wie die Bank von Japan konzentrie­rt sich die EZB nun stark auf die Dauerhafti­gkeit und Nachhaltig­keit ihrer geldpoliti­schen Maßnahmen und weniger auf das Erreichen des Inflations­ziels innerhalb eines angemessen­en Zeitraums“, erwartet Konstantin Veit, Portfoliom­anager bei der Investment­gesellscha­ft Pimco. (aha)

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EZB-Chefin Christine Lagarde behält den seit Ausbruch der Corona-Krise extrem expansiven Kurs der Notenbank vorerst bei.

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