Regierung bereitet Lockdown für Ungeimpfte vor
Start in Oberösterreich und Salzburg Impfpflicht für Gesundheitsberufe
Wien – Für Ungeimpfte wird es unangenehm: Angesichts der täglich hohen Neuinfektionszahlen in Oberösterreich und Salzburg wurde am Freitag ein Lockdown für Ungeimpfte ab Montag in den beiden Bundesländern fixiert. Der Rest Österreichs soll folgen, wie Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) ankündigte. Am Sonntag wird es dazu ein Gespräch mit allen Landeshauptleuten geben, am Abend soll der Hauptausschuss des Nationalrats „grünes Licht“geben. Denn nicht nur in den beiden westlichen Bundesländern sind die Zahlen hoch. Österreichweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner mittlerweile bei 776. Am Freitag wurden 11.798 Neuinfektionen gemeldet. 436 Personen, vier mehr als am Vortag, mussten auf einer Intensivstation behandelt werden.
Details darüber, wie genau der Lockdown für Ungeimpfte aussehen soll, waren Freitagnachmittag noch offen. Die Kontrollen sollen jedenfalls nur „stichprobenartig“vorgenommen werden, sagte Schallenberg. „Wir leben ja nicht in einem Polizeistaat und können und wollen nicht an jeder Straßenecke kontrollieren“, erklärte der Kanzler.
Ob ein Lockdown für Ungeimpfte reicht, ist für den Epidemiologen Gerald Gartlehner schwer abschätzbar. In Salzburg und Oberösterreich mit ihren „sehr hohen Zahlen“glaubt der Experte aber, „dass es zu wenig ist“. Gartlehner plädiert hier für ein Aussetzen von Veranstaltungen für vier Wochen.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kündigte zudem eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe an. Diese hatte der Politiker noch im Frühjahr ausgeschlossen. (red)
Seit Freitag ist zumindest eines endgültig klar: Politische Ankündigungen gelten in Pandemiezeiten nur kurz; und auch nach mehr als eineinhalb Jahren Corona regiert in Österreich das Maßnahmenchaos. Am vorläufigen Ende des aktuellen Krisensitzungsreigens soll nun Sonntagabend der Hauptausschuss des Nationalrates tagen. Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) will dann „grünes Licht“für einen österreichweiten Lockdown für Ungeimpfte geben. Zuvor ist eine Videokonferenz mit allen Landeshauptleuten angesetzt, um eine „bundeseinheitliche“Lösung zu finden. Wann die in Kraft tritt, ließ er offen. Jedenfalls werden am Montag Ungeimpfte in Oberösterreich und Salzburg in den Lockdown geschickt.
Begonnen hat alles am Mittwoch. Da soll Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) angesichts der Zahlen die Geduld verloren haben. Nach dem Ministerrat kündigte er einen akuten Krisengipfel an – mit den Landeshauptleuten von Oberösterreich und Salzburg. Um 16.30 Uhr startete die Videokonferenz. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner lag in Oberösterreich zu diesem Zeitpunkt bei fast 1200, in Salzburg bei 933. Die
sei unglaublich ernst, warnte Mückstein die Landeschefs Thomas Stelzer und Wilfried Haslauer (beide ÖVP). In den Bundesländern sei das am Mittwoch aber noch immer nicht ganz angekommen gewesen: Sie hätten nahezu überrascht reagiert, heißt es aus Regierungskreisen. Das Treffen endete ohne Ergebnis. Man habe „Gott sei Dank viele Intensivbetten“, meinte Stelzer am Abend. Scharfe neue Regeln habe er mit 2G doch gerade verordnet.
Dazu, wie es zu Stelzers Meinungsumschwung 24 Stunden später kam, gibt es verschiedene Erklärungen. Die einen sagen, Schallenberg habe ihm ins Gewissen geredet. Die anderen, das Gesundheitspersonal in Oberösterreich habe beim Landeschef Sturm geläutet. „Wir haben nicht mehr wahnsinnig viel Zeit“, hatte Bernd Lamprecht, Lungenspezialist an der KeplerUniversitätsklinik gewarnt. Ein „Normalbetrieb in den Spitälern ist nicht mehr möglich“. Hinzu kommt, dass auch in den Reihen der
ÖVP der Unmut über die „Schauen wir mal“Haltung von Stelzer und Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander immer größer geworden sei. Ein rotes Tuch unter medizinischen Fachleuten war in den vergangenen Tagen vor allem, dass man vonseiten der obersten Landesmanager nicht müde wurde, die vierte Welle samt gefährlicher Dynamik als quasi unerwartet darzustellen. Tatsächlich gab es bereits im September klare Anzeichen und Prognosen, dass es ungemütlich werden könnte. Damals meldete Stelzer dem Bund eine notwendige Aufstockung an Intensivbetten.
Am Donnerstag lenkte der oberösterreichische Landeshauptmann dann ein. Nur einen Tag nach seiner Absage an einen Lockdown verkündete Stelzer, dass er für Ungeimpfte ab Montag in Kraft tritt. Plötzlich hieß es: Man habe „keinen Spielraum mehr, abzuwarten“.
In Salzburg brauchte man für diese Einsicht länger: „Ich bin weniger der Mann der Symbole
als der effektiven Maßnahmen. Wenn die Bundesregierung das Symbol haben will, müssen wir uns beugen“, sagte Haslauer am Freitag – nachdem klar geworden war, dass auch sein Bundesland die Ungeimpften in den Lockdown schickt. „Wenn der Bund die Stufeneinschätzung ändert, dann halte ich mich daran.“
Bundesweit steigende Zahlen
„Wenn die Bundesregierung das Symbol haben will, müssen wir uns beugen.“Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer
Trotzdem blieb Haslauer in seiner Rolle: der Landeshauptmann, der die Bevölkerung vor allzu strengen Maßnahmen des Bundes schützen will. So hätten Stelzer und er „massiv darauf hingewiesen“, dass ein Lockdown „ein massiver Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte ist“, erklärte er. Um diesem zu entgehen, präsentierte Haslauer sogar kurz vor dem Treffen mit Mückstein noch eigene Verschärfungen im Land, um Härteres zu verhindern (siehe Wissen). Gereicht hat es nicht. Am Freitag überstieg die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Salzburg mit 1236 sogar jene vom bisherigen Spitzenreiter Oberösterreich.
Zwar sei die Situation vor allem in Oberösterreich und Salzburg besorgniserregend, aber „die Zahlen steigen auch in den anderen Bundesländern“, betonte GesundheitsminisLage
ter Mückstein im Anschluss an das Krisentreffen mit den beiden Ländern. 11.798 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden wurden am Freitag gemeldet – mittlerweile liegt auch Gesamtösterreich bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 776. Am Sonntag wird verkündet, ob und ab wann es zu einem bundesweiten Lockdown kommt. Wie es um Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte steht, beantwortete Mückstein am Freitag nicht. Bisher sah der Stufenplan vor: Ab 600 mit Corona-Intensivpatienten belegten Betten tritt bundesweit ein Lockdown für Ungeimpfte in Kraft. Derzeit liegen österreichweit 436 Covid-Kranke auf Intensivstationen.
Widerstand hätte man eigentlich aus dem Burgenland erwartet. Denn ganz im Osten darf man mittlerweile auf eine beachtliche Impfquote blicken. Das vor zwei Monaten angepeilte Ziel – 10.000 weitere Erstimpfungen – wurde mit knapp 13.000 sogar übertroffen. 82 Prozent der impfbaren Burgenländerinnen und Burgenländer haben zumindest den ersten Stich, das sind 74 Prozent der Gesamtbevölkerung. Burgenlands roter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil kann sein Versprechen aber nicht einlösen: Lockerungen, falls 80 Prozent sich impfen lassen, hatte der SPÖPolitiker
in den Raum gestellt. Doch die Bundesentwicklung macht einen dicken Strich durch die Rechnung. Ein hoher SPÖ-Funktionär beschreibt die Stimmung im Land so: „Es herrscht null Verständnis für das Herumgetue der Bundesregierung, aber volles Verständnis dafür, dass das Burgenland in der verfahrenen Situation nicht ausscheren kann.“
Doskozil selbst geht mit dem Bund scharf ins Gericht. „Der Bund macht sich das schon sehr leicht.“Zuerst heiße es: „Länder, impft!“, dann seien die Länder selbst schuld, „weil die Impfquote nicht passt“. Es brauche bundesweite Maßnahmen, die vernünftig und vom Hausverstand getragen seien. Für verfehlt hält der burgenländische Landeschef eine Impfpflicht. „Wir müssen alles tun, um die Polarisierung und Spaltung in der Gesellschaft nicht noch weiter zu vertiefen.“
Mückstein sieht das seit dieser Woche anders: Er werde eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe verordnen, kündigte er an. Auch beim Gesundheitsminister dürfte es zu einem Sinneswandel gekommen sein: „Ich bin gegen eine Impfpflicht“, erklärte er noch im Frühjahr.
Im rot geführten Wien wird man sich zumindest beugen. Man werde warten, was der Bund vorschlage, heißt es aus dem Büro von Bürgermeister Michael Ludwig. Klar sei: Wenn der Bund das ganze Land in einen Lockdown schicke, werde Wien mitziehen müssen. Gezweifelt wird an der Umsetzung des Ungeimpften-Lockdowns – vor allem an der Frage, wer das alles kontrollieren soll, könnte es sich spießen.
Laut Kanzler sollen die Kontrollen „stichprobenartig“durchgeführt werden. Denn gegen eine flächendeckende Überprüfung spreche mehr als nur die fehlenden Ressourcen: „Wir leben ja nicht in einem Polizeistaat und können und wollen nicht an jeder Straßenecke kontrollieren“, sagt Schallenberg.
„Wir leben nicht in einem Polizeistaat und können und wollen nicht an jeder Straßenecke kontrollieren.“Bundeskanzler Alexander Schallenberg
Museen
Obwohl es die Museen im Vergleich zu anderen Kultureinrichtungen vielleicht etwas leichter hatten – da sie länger zugänglich waren und auch früher wieder für Publikum öffnen durften –, sieht auch deren aktuelle Auslastung nicht unbedingt rosig aus. So berichten Ausstellungshäuser zwar von steigenden Besuchszahlen seit der Wiedereröffnung bzw. den Sommermonaten, doch herrschen immer noch große Differenzen zum Vergleichsjahr 2019.
Ausschlaggebend dafür sind vor allem die Ausfälle großer Touristenströme, die auch dieses Jahr ausgeblieben sind. Insbesondere die großen Museen leiden darunter. Das Belvedere in Wien beispielsweise kommt aktuell nur auf 50 Prozent der Auslastung, die es 2019 verzeichnen konnte. Im Jahresschnitt rechnet das Haus sogar mit einem Minus von 80 Prozent. In konkreten Zahlen: Besuchten 2019 noch 1,7 Millionen Menschen die Ausstellungen, waren es 2020 lediglich 350.000 – so viele, wie auch insgesamt für 2021 erwartet werden. Eine weitere Erklärung dafür ist die immer noch (und jetzt wieder) präsente Zurückhaltung gegenüber Gruppenansammlungen sowie Aktivitäten in Innenräumen, heißt es seitens des Museums.
Zwar können die Museen der Stadt Linz (Lentos-Kunstmuseum und Nordico-Stadtmuseum) von zunehmenden Besuchszahlen in beiden Häusern seit dem Sommer sprechen, von einem „durchschnittlichen Museumsjahr“sei man allerdings noch weit entfernt. Den Aufwärtstrend der vergangenen Monate sieht man aufgrund der aktuellen Situation dort bis Jahresende deutlich infrage gestellt. Zusätzlich zu den allgemein steigenden Infektionszahlen kommt hier die problematischere Lage in Oberösterreich dazu.
Das Jüdische Museum Wien verzeichnet 2021 sogar einen weiteren Rückgang im Vergleich zum Jahr davor, wobei dies auf einen starken Start 2020 zurückgeführt wird, heißt es aus dem Haus der Wien Holding. „Das ursprüngliche Niveau aus einem sehr starken Jahr 2019 wird voraussichtlich erst 2024 wieder erreicht werden können“, so die realistische Einschätzung.
Positives hört man aus dem Kunsthaus Bregenz: Dort nähert sich die tägliche Auslastung wieder an jene vor der Pandemie an. Man zeigt sich zuversichtlich, dass das Museum den Schnitt dieses Jahr sogar etwas übertreffen könnte, heißt es auf Anfrage. Laut aktuellem Stand besuchten 2021 knapp 30.000 Besucherinnen das Kunsthaus. Interessanterweise ist auch die Aufenthaltsdauer des Publikums in den Ausstellungen gestiegen. (kr)
Theater und Kabarett
Kaum hat das Theater im Oktober einigermaßen an Fahrt aufgenommen, bremsen die aktuell hohen Infektionszahlen das Besucheraufkommen wieder ein. Von Normalität konnte in dieser Spielzeit bisher zwar nirgends die Rede sein, selbst Premieren im Burgtheater waren nicht voll besetzt. Doch geben einige Häuser wie etwa das Landestheater Linz durchaus zufriedenstellende Auslastungszahlen bekannt. Das dreht sich aber seit wenigen Tagen wieder. Grundsätzlich ist flächendeckend von Ticketeinbrüchen zu sprechen. Je nach Beschaffenheit und Geschäftsmodell sind die Bühnen unterschiedlich gravierend betroffen.
Im November seien die Kammerspiele voll, meldet das Theater in der Josefstadt. Und doch ist das auf langfristige Buchungen spezialisierte Haus eines der von der Pandemie am schwersten getroffenen. Durch die oft abrupt in Kraft getretenen Verordnungen sind zentrale Strukturen wie das Abosystem „zerstört“, so Marketingdirektorin Christiane Huemer-Strobele. Heute hat die Josefstadt 11.000 Abonnenten, das sind um 20 Prozent weniger als vor der Pandemie. Generell ist der Einnahmenverlust hoch. Auch Gruppenbesuche seien höchst selten geworden. Betrug der Kartenerlös monatlich früher 800.000 bis eine Million Euro, so seien es heute etwa 600.000. Langfristige Käufe haben entschieden abgenommen.
Die aktuelle Schockstarre vor einem möglichen weiteren Lockdown spürt auch das Burgtheater, das „von einem Tag auf den anderen ein Minus von 50 Prozent in der täglichen Kartennachfrage“registriert. Man hält derzeit bei einer Gesamtauslastung von 66 Prozent.
Einen Trend zum spontanen Ticketkauf bestätigt auch das Schauspielhaus Graz, das seinerseits eine Auslastung zwischen drei Vierteln und drei Fünfteln verzeichnet. Zwar wurden in dieser Spielzeit mehr Abos verkauft, doch habe die 2G-Regelung einen Knick verursacht.
Auch Klein- und Mittelbühnen mit Stammpublikum sind schwer getroffen. Hubert Dragaschnig vom Theater Kosmos in Bregenz meint, dass es für die „freie Szene mit Sicherheit dramatisch werden wird“, und plädiert für die Impfpflicht. Auch das Werk X Petersplatz in Wien – hier sind alle Akteure geimpft und PCR-getestet – verzeichnet einen Publikumsrückgang.
Im Kabarett berichtet der Wiener Stadtsaal, dass der Andrang „besser als erwartet ist“, es sei aber so, dass das Publikum derzeit stärker auf etablierte Stars setzt. Durch 2G habe man keine Einbußen. Käme es zu einem neuen Lockdown, hätte man bereits Übung darin. (afze, stew)
Klassik und Jazz
Dass die Staatsoper noch nicht sagen kann, ob der Opernball stattfindet, ist typisch für die Lage. In Oberösterreich nun aber etwas Klarheit: Kultur darf weiterhin stattfinden. Beim Linzer Musiktheater war die Verunsicherung jedoch schon in letzter Zeit spürbar: Das Abwarten der Leute, ob ein Lockdown kommt oder nicht, habe zu einem Minus von 50 Prozent bei der „täglichen Kartennachfrage“geführt. Dabei hatte es gut begonnen: Mit 14.436 Besuchern im September lag man im Langzeitvergleich auf Platz zwei hinter 2019 (15.939 Tickets).
Auch Dietmar Kerschbaum, BrucknerhausChef, beobachtet, dass „ein Teil des Publikums vorsichtiger wurde. Was jedoch vor Corona stark nachgefragt war, ist es weiterhin.“Durch die 2GRegel, vermutet allerdings Michael Nemeth vom Grazer Musikverein, „wird es einen Auslastungsrückgang geben, der unbedingt durch eine weitere Hilfszahlung ausgeglichen werden muss“.
Die Regeln thematisiert auch Matthias Naske vom Wiener Konzerthaus: Die Saison sei exzellent gestartet. „Durch die 2G-Regel sind Menschen, die sich regelmäßigen PCR-Tests unterziehen, jedoch noch nicht geimpft sind, vom Besuch ausgeschlossen. Das kostet Publikum.“
Im Wiener Musiktheaterbereich gab es auch in der ersten Saisonphase nicht wirklich eine Rückkehr zur Normalität. Aktuell spürt man im Theater an der Wien zudem, „dass sich das Publikum sehr kurzfristig entscheidet“, so Intendant Roland Geyer. Der Chef der Volksoper, Robert Meyer, glaubt zwar an die Theaterbegeisterung in der Stadt. Er findet aber, dass schon die Maskenpflicht „so manchen davon abgehalten hat, ins Theater zu gehen. Mit der 2G-Regel ist die Maskenpflicht zwar gefallen, aber angesichts der steigenden Infektionszahlen nimmt jetzt bei allen die Sorge vor einer Ansteckung zu ...“
Der Leiter des Wiener Musikvereins, Stephan Pauly, wiederum betont zwar, dass man trotz Corona mehr Abos verkauft habe als im Vorjahr. „Wer aber nur hin und wieder ins Konzert kommt, bei dem merken wir seit Beginn der Saison Zurückhaltung bezüglich des Ticketkaufs.“Antizyklisch positiv hingegen der Jazzclub Porgy & Bess: „Nach zähem Beginn stiegen die Zahlen ab Herbst und erreichten bis dato fast schon Prä-Corona-Level“, so Christoph Huber. (toš)
Pop und Rock
Konzerte großer internationaler Acts gibt es zurzeit kaum. Im Salzburger Rockhouse machte sich da die Arbeit mit der regionalen Szene bezahlt. Geschäftsführer Wolfgang Descho: „Wir haben uns für viele Musiker als Wohnzimmer etabliert und in der Pandemie schnell wenigstens gestreamt, was psychisch den Technikern gutgetan hat. Bei Veranstaltungen zählen wir zu den strengsten Kontrolleuren. Das fällt auf fruchtbaren Boden, das Publikum fühlt sich sicher bei uns. Natürlich haben wir etwas weniger Besucher, aber auch ausverkaufte Veranstaltungen. Durch die vielen Verordnungen ist ein Teil des deutschen Publikums ausgeblieben, und Karten werden kurzfristiger gekauft. Aber Stadt und Land stehen hinter uns, leere Versprechen hat es da keine gegeben.“
In der Wiener Arena verhält es sich ähnlich. Sie ist zurzeit viel weniger ausgelastet, weil alle Fremdveranstaltungen ausfallen. Martin Arzberger: „Über den Sommer hatten wir Gigs vor 25 Personen und ausverkaufte Open Airs mit 3000 Besuchern. Mit Förderungen und Kurzarbeit kommen wir über die Runden. Unser Präventionskonzept war teils strenger als vorgeschrieben, das Publikum akzeptiert das aber total. Die größten Probleme machen die ständig neuen Verordnungen. Da ergibt sich anhand der Hallengrößen, dass für eine Veranstaltung in einer Halle 2G, in einer anderen die 2,5G-Regel gegolten hat. Und natürlich ist das da wie dort ein Aufwand, das korrekt umzusetzen.“
Gernot Kremser vom Linzer Posthof erzählt, dass der Linzer Kulturbetrieb von Mai bis September 30 Veranstaltungen für gut 13.000 Besucher gestemmt hat. Die Gäste hätten dabei großes Vertrauen in die Präventionskonzepte gefasst. „3G haben wir sehr konsequent überprüft, der Umstieg auf 2G ist kein Problem.“Die Auslastung variiere durch die Programmbreite (Kabarett, Literatur, Tanz, Musik ...), ein Konzert wie das des Schweizer Musikers Faber am 25. November war mit 1200 Karten ausverkauft, angesichts des Lockdowns für Ungeimpfte in Oberösterreich wird es nun verschoben. Oder auch nicht. Denn ob die angekündigten Maßnahmen nur für Veranstaltungen mit zugewiesenen Sitzplätzen gelten oder auch für Stehplatzveranstaltungen, stand bis Redaktionsschluss nicht fest. Aber mit Improvisieren hat man Routine. (flu)
Kinos
Die Besuchszahlen haben sich eingependelt, die meisten Kinobetreiber anworten auf die Frage nach ihrer Auslastung mit „den Umständen entsprechend gut“. Der Start ins vierte Jahresquartal, das traditionell das publikumsstärkste ist, sei für die österreichischen Kinos „insgesamt gut“verlaufen, meint Christian Dörfler, Obmann der Kinobetriebe der WKO. Für das von ihm betriebene Wiener Haydn-Kino konstatiert er gar den drittbesten Oktober der letzten 20 Jahre aufgrund von Blockbustern wie Dune
und James Bond – No Time to Die.
Auch Christof Papousek, der Co-Geschäftsführer der Cineplexx-Gruppe, spricht landesweit von einem guten Oktober. James Bond war mit 6000 verkauften Tickets Spitzenreiter, aber auch die Teenager- und Kinderfilme kämen gut an. Im Vergleich zum Jahr 2019, in dem landesweit rund 14,5 Millionen Kinobesuche verzeichnet wurden – eine Zahl, die seit 2010 relativ stabil ist –, haben die Cineplexx eine Auslastung von 70–80 Prozent.
Obwohl ihnen Bond als Zugpferd fehlt, sind auch die Programmkinos „nicht unzufrieden“, meint etwa Michaela Englert vom Admiralkino
in Wien. Hinter den Erwartungen zurück blieben zwar die internationalen Arthousefilme, doch heimische Produktionen wie Aufzeichnungen aus der Unterwelt seien sehr erfolgreich gelaufen. An VorCorona-Zeiten werde man laut Bernhard Gutschier vom Volkskino Klagenfurt aber erst wieder in einem Jahr anknüpfen können. Er verzeichnet Einbußen von 50 bis 60 Prozent. „Die Zahlen sind nirgends gut“, konstatiert er, „alles andere ist Schönmalerei.“Auch das Grazer Rechbauerkino
träumt schon vom neuen Jahr. Denn da werde man zum 100-jährigen Geburtstag des Kinos „aus dem Vollen schöpfen“, so Beate Bachträgl-Azodanloo, die derzeit auf eine budgetschonende, aber abwechslungsreiche Programmierung setzt.
Bachträgl-Azodanloo merkt auch an, dass zwischen letztem Sonntag (3G) und Montag (2G) ein Besuchereinbruch spürbar war. Und das, obwohl das Kinopublikum schätzungsweise zu mindestens 90 Prozent geimpft sei – so die Einschätzung unter den Befragten. Insgesamt sei weiterhin mit Einbußen zu rechnen, weshalb die Branche fordert, dass bis Ende 2022 die USt. bei fünf Prozent bleibt und dass Kurzarbeit sowie Ausfallfonds bei Bedarf verlängert werden. (diva)