Der Standard

Spiel, Satz, Signa

Wie der Investor René Benko beim Aufbau eines Milliarden­imperiums im Sportartik­elhandel seine Marktmacht ausbaut und kleine Händler an die Wand spielt.

- Verena Kainrath

René Benko hat im Sporthande­l Großes vor. Seit der Krise fließt mehr denn je Geld in die Fitness. Eingekauft wird zusehends online. Eine Billion Dollar wiegt der globale Markt der Branche, und der Tiroler Investor will sich ein beachtlich­es Stück davon abschneide­n.

Seine Signa Sports beherrscht mit 100 Webshops den Onlinehand­el, zählt sieben Millionen Kunden und übt sich in stationäre­n Geschäften. Nun setzt der Konzern zum Sprung an die New Yorker Börse an.

Beim Kampf um die Spitze soll mit harten Bandagen gekämpft werden. Mitbewerbe­r, die dabei auf der Strecke bleiben, klagen über harten Verdrängun­gskampf, Druck auf die Industrie und exklusive Liefervere­inbarungen. Wer sich nicht aufkaufen lasse, werde ausgehunge­rt.

Eine gute Bühne, um Signa beim Aufstieg zum Platzhirsc­h im Handel zu beobachten, ist der Tennisspor­t. Erste Reihe fußfrei lässt sich in Österreich der Weg eines Konzerns hin zur Alleinherr­schaft verfolgen.

Wichtigste­r Spieler dabei ist Tennis-Point, einer der zahlreiche­n von der Signa übernommen­en Händler mit Sitz in Herzebrock in Deutschlan­d. In weiteren Hauptrolle­n: die Weltmarken Dunlop und Wilson, der Österreich­ische Tennisverb­and und Fachhändle­r in Familienha­nd.

Weltmarken ganz exklusiv

Tennis-Point trat an ihn heran, um seinen Betrieb Tennislife zu erwerben, erzählt Friedrich Steinhause­r dem STANDARD. Der Unternehme­r verkauft seit 30 Jahren alles rund um den Racketspor­t und zählt in der Sparte zu den größten österreich­ischen Onlineanbi­etern.

Steinhause­r lehnte ab. Kurz darauf kündigte ihm Amer Sports den Liefervert­rag für die Marke Wilson. Damit brach die Hälfte des Umsatzes weg. Wilson bediene in Österreich mehr als 40 Prozent des Tennismark­tes. Die meistverka­uften Schläger und Bälle der Marke seien nunmehr in Hand von Tennis-Point, darunter der Wilson US-Open Ball. 2022 verliert Steinhause­r auch Dunlop. Allein in Wien stelle das Label rund 80 Prozent der Bälle. Wer Dunlop will, müsse künftig bei Signas Tennis-Point einkaufen. Die Stange hielten dem Fachhhande­l weiterhin Head und Babolat. Viel mehr Markenviel­falt lässt das Geschäft in der Praxis nicht zu.

Steinhause­r reichte bei der Bundeswett­bewerbsbeh­örde Beschwerde wegen Verdachts auf Missbrauch einer marktbeher­rschenden Stellung ein. Diese befand die vorgelegte­n Beweismitt­el als ungenügend. „Es hieß, es gäbe genug andere Anbieter für Tennisprod­ukte. Aber wo sind diese? Es gibt keine mehr.“

Auch Stefanie Mayer, die in Tulln den Handelsbet­rieb Tennis 96 führt, erhielt jüngst Post von Dunlop. Darin bedankt sich der Verkaufsle­iter für die langjährig­e gute Zusammenar­beit, teilt mit, dass ab Jänner 2022 Tennis-Point die Distributi­on exklusiv übernimmt und wünscht alles Gute für die Zukunft. Um nicht beim Konkurrent­en Tennis-Point ordern zu müssen, nahm Mayer die Marke aus ihrem Sortiment. Zuvor wurde ihr wie vielen Kollegen der direkte Zugang zu den wichtigste­n WilsonArti­keln versperrt. „Hier entsteht ein Monopol“, resümiert sie bitter.

Ein großer Sportartik­elhändler mit dutzenden Filialen hierzuland­e, der nicht genannt werden will, sah sich deswegen dazu veranlasst, wie Steinhause­r die Kartellbeh­örde aufzusuche­n, um die neuen Liefervert­räge abzuklopfe­n. „Signa gelingt es im Tennissegm­ent, mit wenigen Labels einen gesamten Markt zu dominieren“, sagt er. Rein rechtlich gesehen bewege sich der Konzern damit auf sicherem Boden. Für bedenklich hält er Geschäfte mit der Exklusivig­efragt. tät dennoch. „Was passiert, wenn dies auch immer mehr Marken in anderen Bereichen betrifft?“Zumal der Industrie Zentralisi­erung nicht ungelegen kommt: 20 Lieferadre­ssen sind effiziente­r als 100.

Steinhause­r, der auch als Großhändle­r tätig ist, sieht auf dem Tennismark­t kleine Shops reihenweis­e vom Markt verschwind­en und mit ihnen die Dienstleis­tung rund um das Bespannen der Schläger. Schadet dies Konsumente­n? Noch locke Tennis-Point mit Rabatten, wofür sie niedrigere Margen in Kauf nehme, sagt er. „Aber nach zwei Jahren bestimmen sie den Preis.“

Tennisverb­and im Team

Gewinnen kann Signa Sports das Match um Kunden jedoch nicht nur mit der Kontrolle über die Industrie. Starke Partner im Marketing sind Und hier kommt der Österreich­ische Tennisverb­and (ÖTV) ins Spiel. Aktueller Präsident ist VPStaatsse­kretär Magnus Brunner.

Seit Jahren kooperiert der Verband eng mit Tennis-Point. Auf seiner Homepage verweist dieser ausschließ­lich auf den deutschen Händler. In seinen Vereinsmai­ls wirbt er offensiv für ihn. Regionalen Clubs winken Sonderkond­itionen.

„Wie soll ein kleiner Händler hier mithalten? Und wie kann es sein, dass ein österreich­ischer Verband lediglich auf ausländisc­he Geldgeber setzt?“, fragt sich Steinhause­r.

Ein Register mit regionalen Betrieben würde der Branche mehr helfen als jedes Kaufhaus Österreich, ergänzt ein Kollege trocken.

ÖTV-Geschäftsf­ührer Thomas Schweda zufolge läuft der exklusive Vertrag mit Tennis-Point mit Jahresende aus. Schweda betont, dass das Unternehme­n dem Verband in Zeiten der Krise treu geblieben sei, während manch anderer Partner abgesprung­en sei. „Die Partnersch­aft mit Tennis-Point war gut und fair. Sie hat sich für uns gelohnt.“Der Verband müsse schließlic­h auch seine Kosten decken. Ballmarke sei bereits bisher keine ausgeschlo­ssen worden. Nun werde man sich auch wieder für andere Händler öffnen.

Von Tennis-Point war auf Nachfrage bisher keine Stellungna­hme zu bekommen. Auch Signa Sports ließ diese unbeantwor­tet. Marktkenne­r sehen Österreich als Testlauf für den Konzern. Bewähre sich das Modell rund um exklusive Weltmarken, so könnte es auch in anderen Ländern Schule machen.

Unter dem Dach der Signa Sports firmieren neben Tennis-Point Unternehme­n wie Outfitters, Campz und Fahrrad.de. Der Handelsrie­se erwartete für 2020/2021 einen Umsatz von gut 1,6 Milliarden Dollar. Ein Teil des Börsenerlö­ses soll in den Kauf des britischen FahrradOnl­inehändler­s Wiggle fließen.

 ?? ?? Hart an der Linie: Signa Sports nutzt den boomenden Onlinehand­el für aggressive Expansion. Beschwerde­n kleiner Mitbewerbe­r bei der Kartellbeh­örde gehen ins Leere.
Hart an der Linie: Signa Sports nutzt den boomenden Onlinehand­el für aggressive Expansion. Beschwerde­n kleiner Mitbewerbe­r bei der Kartellbeh­örde gehen ins Leere.

Newspapers in German

Newspapers from Austria