Hamilton glaubt an Hamilton
Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton steht beim Grand Prix von Brasilien am Sonntag unter Druck. Im Duell mit Spitzenreiter Max Verstappen geht es darum, das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen.
Lewis Hamilton entspannte nach der Landung in Brasilien erst einmal mit Musik, bei neuen Beats groovte sich der Mercedes-Star für die geplante Aufholjagd im WM-Duell mit Max Verstappen ein. „Bleib positiv und lass dich nicht unterkriegen“, schrieb Hamilton an die Welt bei Instagram: „Du schaffst das, ich glaube an dich.“
Vermutlich wird Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff Hamilton mit ganz ähnlichen Worten auf den Showdown in São Paulo am Sonntag (18, ORF 1) einschwören, oder wie sein Renningenieur Peter Bonnington stets über Funk sagt: „It’s Hammertime!“Heißt so viel wie: „Gib alles, was du hast. Jetzt.“Um nichts anderes geht es in Brasilien. Hamilton muss liefern, sonst ist der Traum vom nie dagewesenen achten Titel wohl ausgeträumt.
Vier Rennen vor Schluss liegt der Titelverteidiger 19 Punkte hinter Verstappen (24), dabei hatte der junge Herausforderer vor drei Rennen noch zwei Zähler Rückstand. Liegt Hamilton am Sonntagabend 24 oder mehr Punkte hinter dem Niederländer, kann der 36-Jährige nicht mehr aus eigener Kraft Weltmeister werden. Von einer letzten Chance will er deswegen aber nicht sprechen. „Seit der Sommerpause ist doch in jedem Rennen ein Sieg Pflicht für uns“, sagte Hamilton.
Nur: Zuletzt lieferte einzig Verstappen mit zwei Siegen in Serie, sein Red Bull wird auch in Interlagos schneller eingeschätzt als der Mercedes. São Paulo ist nicht unbedingt Hamiltons Lieblingsstrecke, insgesamt gewann er in der Heimat seines Idols Ayrton Senna nur zweimal.
Es geht weiter
Zählt alles nicht für Hamilton, der nur eines der vergangenen acht Rennen gewonnen hat. „Jetzt sind wir voll auf die verbleibenden Rennen konzentriert, und Mann, ich liebe Brasilien. Weiter geht’s“, sagte der bisher Unantastbare. Doch in diesem Jahr scheint Verstappen Serienweltmeister Hamilton tatsächlich knacken zu können. „Natürlich sieht es gut aus“, sagte der Spitzenreiter. Und fügte vorsichtig hinzu: „Aber es kann sich auch sehr schnell drehen.“
Zumal zunächst ein Sprintrennen am Samstag (20.30, ORF 1) über die Startaufstellung entscheidet. Verstappen sieht dem mit gemischten Gefühlen entgegen. Das in diesem Jahr eingeführte Format laufe für ihn „ganz gut“, sagte er, aber „danach laufen die Hauptrennen schlecht“. Zweimal schied Verstappen nach den Sprints, für die es Extrapunkte gibt, nach einer Kollision mit Hamilton aus. „Wir versuchen also, den Trend umzukehren.“
Für Formel-1-Boss Stefano Domenicali sind Sprintrennen ein „unglaublicher Erfolg“. Verstappen würde dagegen gleich „an ein paar Dingen“feilen. Vor dem dritten und letzten Sprint gehen die Ansichten auseinander. 2022 soll es sieben oder acht geben. „Ich denke, die wesentliche Spannung geht vom Start aus. Danach fährt man mit einem Satz Reifen, der bis zum Ende hält, es gibt auch nicht viele Überholmanöver“, mäkelte Verstappen. Beim Sprint-Format müsse zudem das Set-up nach einem nur 60-minütigen Training für den Rest des Wochenendes stehen, Motorstrafen gelten aber erst für das Hauptrennen. Das passe alles nicht ganz zusammen.
Nervenkitzel
Ein Spielverderber will Verstappen allerdings auch nicht sein: „Wenn die Leute den Nervenkitzel eines Starts mögen, warum dann nicht eben zwei Starts an einem Wochenende?“Das Format ist attraktiv für Fans besonders aus der jungen Generation. Rund 100 Kilometer, maximal 30 Minuten, das entspricht dem Zeitgeist. Auf eine Trendwende nach den jüngsten Niederlagen hofft jedenfalls Mercedes. Wolff geht ohnehin davon aus, dass der Titelkampf bis „zuletzt spannend bleiben wird. Beide Teams werden bis zur letzten Runde hart kämpfen.“Mercedes sei gefordert und müsse „aufschließen“. (sid)