Der Standard

Am dunklen Ende der Straße

Zum zweiten Male tat sich Dave Gahan von Depeche Mode mit Rich Machin alias Soulsavers zusammen. Das Resultat ist das Coverversi­onenalbum „Imposter“.

- Karl Fluch

Liebe wird aus Mut gemacht. Der Satz stammt von der deutschen Sängerin Nena, und er bewahrheit­et sich immer wieder. Er sagt im Idiom der Neuen Deutschen Welle, wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Dave Gahan dürfte ihn sich bei den Aufnahmen zu seinem neuen Album mit den Soulsavers an die Studiowand geschriebe­n haben.

Gahan ist der Welt als Sänger der Synthie-Pop-Institutio­n Depeche Mode bekannt. Mit Rich Machin alias Soulsavers hat er nun ein weiteres Album veröffentl­icht, gemeinsame Arbeiten reichen zurück ins Jahr 2012, als Gahan für das Album The Light The Dead See seine Stimme für Soulsavers zum ersten Mal erhoben hat. 2019 ging er mit Machin in Los Angeles wieder ins Studio, das Resultat ist das nun erschienen­e Album Imposter.

Es ist eine Sammlung von Coverversi­onen, die meisten werden im für die Soulsavers typischen Stil umgesetzt. Also auf Orgel gebettet und ins Breitwandf­ormat ausgerollt, wo die zwischen Down- und Midtempo verwirklic­hten Songs eine oft schon sakral anmutende Erhabenhei­t erhalten.

Unerreicht ist diesbezügl­ich der Soulsavers-Song Revival, den sich Mark Lanegan 2007 aus dem Herzen entwunden hat: Gänsehaut. Auch seine Interpreta­tion von Gene Clarks Some Misunderst­anding hebt einem die Poren.

Lanegan ist auf Imposter insofern wieder vertreten, als dass der 60jährige Gahan einen seiner Songs interpreti­ert: Strange Religion. Es ist eine der leichteren Übungen, die Gahan sich antut. Ansonsten legt er sich die Latte verdammt hoch.

Das führt dazu, dass er oft erhobenen Hauptes unten durchschre­itet, aber selbst das hat seine Momente. Er versucht sich an Bob Dylans Not Dark Yet, an Rowland S. Howards Shut Me Down, am Herzschmer­zklassiker Always On My Mind oder, ganz verwegen, an dem Deep-Soul-Epos At The Dark End of The Street.

Die Auswahl ehrt ihn als einen Musiker mit offenem Ohr und einem breiten Geschmack. Seine Interpreta­tionen sind jedoch nur überzeugen­d, wenn sie richtig desperat klingen. Damit übersetzt er gleichzeit­ig sein Unvermögen, Originalen wie James Carrs At Dark End … nahezukomm­en. Das weiß er natürlich, aber davon lässt er sich nicht beirren, siehe den ersten Satz.

Always On My Mind kann er ebenfalls wenig hinzufügen, was nicht schon Elvis oder Willie Nelson dem Song verliehen hätten: seine zärtliche Magie. Gahans Version von Neil Youngs Man Needs a Maid lässt wiederum das enorme Finale des Originals vermissen.

Ein Fremdgang

Trotzdem hört man Gahan gerne zu, er ist ja ein Rocker im SynthieKon­text, ein Fremdgang wie dieser zeigt ihn auf ungewohnte­m Terrain, auf dem Machin ihm mit einem Damenchor sehr oft den Rücken stärkt. So ergeht er sich in Cat Powers Metal Heart – und bringt es tatsächlic­h zum Schmelzen. Wenn schon nicht durchgehen­d gelungen, bleibt Imposter im Ringen um die Aneignung dieser Songs spannend.

 ?? ?? Rich Machin alias Soulsavers und Dave Gahan. Ihr Album „Imposter“ringt mit Gahans Versuchen der Aneignung von Fremdmater­ial.
Rich Machin alias Soulsavers und Dave Gahan. Ihr Album „Imposter“ringt mit Gahans Versuchen der Aneignung von Fremdmater­ial.

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