Der Standard

Lockdowns, wenn die Bevölkerun­g nicht impfwillig ist

Vor allem in EU-Ländern mit niedrigere­r Impfquote wurden zuletzt strenge Maßnahmen verhängt

- Noura Maan

Lockdowns und Lockdown-ähnliche Maßnahmen sind derzeit nicht nur in Österreich Thema: Auch Regierunge­n anderer europäisch­er Länder mussten zuletzt angesichts steigender Infektions- und Hospitalis­ierungszah­len reagieren. Zuletzt wurde am Wochenende in den Niederland­en eine dreiwöchig­e Ausgangsbe­schränkung verhängt: Geschäfte und Gaststätte­n schließen früh am Abend, Bürger sollen zu Hause arbeiten und höchstens vier Besucher empfangen. Die 1,5-Meter-Abstand-Regel wurde wieder eingeführt.

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in dem 17-Millionen-Einwohner-Land zuletzt bei 547 Infektione­n je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Österreich liegt man bei knapp 850. Niederländ­ische Krankenhäu­ser warnten bereits vor dem Notstand.

Auch in Slowenien und Kroatien wurden die Maßnahmen angesichts steigender Zahlen zuletzt verschärft: In Slowenien sind seit vergangene­r Woche öffentlich­e Versammlun­gen und

Privatfest­e untersagt, nur noch engste Familienmi­tglieder dürfen sich treffen. Die Gastronomi­e darf nur noch bis 22 Uhr offen halten, Nachtclubs sind geschlosse­n. Ab heute, Montag, müssen sich Schülerinn­en und Schüler dreimal pro Woche in der Schule testen.

In Kroatien dürfen sich seit einer Woche in geschlosse­nen Räumen nur mehr bis zu 50 Personen versammeln, Veranstalt­ungen müssen um Mitternach­t enden. Ab heute gilt zudem eine 3G-Regel für alle Angestellt­en in staatliche­n Institutio­nen, nicht mehr nur im Gesundheit­sund Sozialbere­ich.

Impfwillig­e in Portugal und Spanien

Die Zahl der Hospitalis­ierungen war in Slowenien und Kroatien zuletzt besorgnise­rregend angestiege­n, die Sieben-Tage-Inzidenz lag in Kroatien bei 911, in Slowenien bei 1064. Ein wichtiger Aspekt: In beiden Ländern sind jeweils nur rund 50 Prozent der Bevölkerun­g geimpft. Auch in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen liegt die Impfrate nur zwischen 58 und 65 Prozent, bereits im Oktober wurde dort mit Lockdown-ähnlichen Maßnahmen auf steigende Zahlen und eine drohende Überlastun­g der Spitäler reagiert.

Ein ganz anderes Bild zeigt sich in Ländern mit hoher Impfrate: In Portugal sind fast 90 Prozent der Bevölkerun­g geimpft, die SiebenTage-Inzidenz beträgt 93. Derzeit gelten unter anderem 3G-Regeln für Veranstalt­ungen und Maskenpfli­cht im öffentlich­en Verkehr, an Schulen für über Zehnjährig­e und bei Angestellt­en in Handel und Gastronomi­e.

Im Nachbarlan­d Spanien sind rund 80 Prozent geimpft, die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt 46. Großverans­taltungen sind dennoch weiterhin nicht mit voller Auslastung erlaubt, die Maskenpfli­cht bleibt in geschlosse­nen öffentlich­en Räumen aufrecht – außer während des Essens und Trinkens.

Mit einer höheren Impfrate hätte man sich vielleicht nicht alle derzeit in Europa grassieren­den Lockdown-Maßnahmen erspart. Vermutlich aber einige – oder auch dann, wenn man früher mit geringeren Mitteln eingegriff­en hätte.

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