Der Standard

In Salzburg stehen harte Entscheidu­ngen bevor

- David Krutzler, Stefanie Ruep

DDie Salzburger Landesklin­iken warnen vor einer völligen Überlastun­g. Ein Triageteam entscheide­t, wer noch ein Intensivbe­tt bekommt. In Oberösterr­eich sorgen die Toten für Platz auf der Intensivst­ation. Intensivme­diziner und der Salzburger Grünen-Chef fordern einen Lockdown für alle und Maskenpfli­cht im öffentlich­en Raum.

ie vierte Corona-Welle hat Oberösterr­eich und Salzburg mit voller Wucht getroffen, ein Ende des Anstiegs der Neuinfekti­onszahlen ist nicht in Sicht. Dabei ist die Situation in den Spitälern bereits jetzt am Anschlag. In Salzburg ist der Ernstfall eingetrete­n, vor dem Mediziner seit Wochen gewarnt haben. Die Salzburger Landesklin­iken haben ein Triageteam nominiert, das entscheide­n muss, welche Patienten noch intensivme­dizinisch behandelt werden können, und eine Überlastun­gsanzeige an das Land Salzburg geschickt.

In dem dramatisch­en Hilferuf schreibt Geschäftsf­ührer Paul Sungler: In den Kliniken könne die Behandlung weiterer Patienten nach geltenden medizinisc­hen Standards und Sorgfaltsm­aßstäben bald nicht mehr garantiert werden. Es drohe eine Notstandss­ituation einzutrete­n, in der intensivme­dizinische Triagierun­gen vorgenomme­n werden müssen. „Wir appelliere­n daher dringend an die politisch Verantwort­lichen, die erforderli­chen Maßnahmen zur deutlichen Reduktion des Infektions­geschehens zu setzen“, heißt es in dem Schreiben. Im stationäre­n Non-CovidBerei­ch würden dem Universitä­tsklinikum Salzburg derzeit 272 Betten fehlen, ab der nächsten Stufe „steht bisher kein ausreichen­des ärztliches Personal zur Verfügung“.

Auffrischu­ngsimpfung vorziehen

Salzburg verzeichne­te am Dienstag mit 33 Covid-Intensivpa­tienten einen neuen Höchststan­d seit Beginn der Pandemie. Angesichts der ernsten Lage reagiert der Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) mit dem Vorziehen der Drittimpfu­ng. Nun sollen auch in Salzburg – wie bereits in Wien – alle schon vier Monate nach der zweiten eine dritte Impfung bekommen. Die Impfkapazi­täten sollen noch einmal aufgestock­t werden.

Gleichzeit­ig werden im Spital Maßnahmen gesetzt: Eine Transferst­ation für Covid-Patienten,

die noch nicht nach Hause können, sowie eine zusätzlich­e Reha-Anstalt sollen eingericht­et werden.

Dem Salzburger Landeshaup­tmannstell­vertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) gehen die Maßnahmen im Bundesland nicht weit genug. Er fordert „einen Lockdown möglichst schnell, um die Situation in den Griff zu bekommen“. Schellhorn will zwei Wochen die Gastronomi­e zusperren, keine Veranstalt­ungen erlauben, die Schulen zwar offenhalte­n, aber die Oberstufen in das Homeschool­ing schicken. Darüber hinaus brauche es eine Maskenpfli­cht an Orten im öffentlich­en Raum, an denen es eng werden kann. „Hinauszöge­rn hat jetzt keinen Sinn mehr.“Der Präsident der Gesellscha­ft für Intensivme­diziner, Walter Hasibeder, forderte für die

Hochinzide­nzbundeslä­nder Oberösterr­eich und Salzburg ebenfalls kurzzeitig einen „generellen Lockdown“und eine Maskenpfli­cht im öffentlich­en Raum.

Todesrate bei vierter Welle höher

Auch in Oberösterr­eich ist die Lage prekär: Seit Freitag wurden 59 Todesfälle auf den Covid-Stationen in Oberösterr­eichs Spitälern verzeichne­t. Der Großteil davon starb auf den Intensivst­ationen, wie Jutta Oberweger, Sprecherin der Oberösterr­eichischen Gesundheit­sholding, dem STANDARD bestätigt. Mediziner drücken die Sachlage hinter vorgehalte­ner Hand drastische­r aus: „Wir haben Platz auf unseren Intensivst­ationen, weil Infizierte versterben.“Die Todesfallr­ate in den Spitälern ist damit schon deutlich höher als in den vergangene­n Corona-Wellen: Der bisherige Tageshöchs­twert in Oberösterr­eich stammte vom Februar 2021 mit elf Covid-Todesopfer­n.

Am Dienstag wurden 97 Covid-Intensivbe­tten benötigt, landesweit verstarben 22 Personen an und mit Covid-19, davon zehn in Oberösterr­eichs Spitälern und zwölf außerhalb der Kliniken. Dazu kommt, dass auch auf den Covid-Normalstat­ionen im Bundesland der Belag massiv steigt: Vor einem Monat waren 150 Betten belegt, am Dienstag waren es mit 513 mehr als dreimal so viele. Auf den Normalstat­ionen sind drei von vier Personen ungeimpft. Auch wenn es vermehrt zu Impfdurchb­rüchen kommt – diese treten besonders etwa bei multimorbi­den Personen oder Menschen mit schweren Vorerkrank­ungen auf.

Um Platz und Personal für die Versorgung von sehr pflegeaufw­endigen Covid-Erkrankten freizuspie­len, wurde das OP-Programm in Oberösterr­eich „massiv gedrosselt“. Das hat auch signifikan­te Folgen für Erkrankte, die nicht mit Covid infiziert sind. So spüren auch – möglicherw­eise geimpfte – Herz- oder Krebskrank­e die Folgen der Corona-Pandemie, wenn ihre nicht akut lebensbedr­ohlichen Operatione­n abgesagt werden müssen.

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Foto: DPA-Zentralbil­d / Bodo Schakow Auf den Intensivst­ationen werden die Plätze knapp. Daher müssen Ärzte nun entscheide­n, wer noch behandelt wird.

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