In Salzburg stehen harte Entscheidungen bevor
DDie Salzburger Landeskliniken warnen vor einer völligen Überlastung. Ein Triageteam entscheidet, wer noch ein Intensivbett bekommt. In Oberösterreich sorgen die Toten für Platz auf der Intensivstation. Intensivmediziner und der Salzburger Grünen-Chef fordern einen Lockdown für alle und Maskenpflicht im öffentlichen Raum.
ie vierte Corona-Welle hat Oberösterreich und Salzburg mit voller Wucht getroffen, ein Ende des Anstiegs der Neuinfektionszahlen ist nicht in Sicht. Dabei ist die Situation in den Spitälern bereits jetzt am Anschlag. In Salzburg ist der Ernstfall eingetreten, vor dem Mediziner seit Wochen gewarnt haben. Die Salzburger Landeskliniken haben ein Triageteam nominiert, das entscheiden muss, welche Patienten noch intensivmedizinisch behandelt werden können, und eine Überlastungsanzeige an das Land Salzburg geschickt.
In dem dramatischen Hilferuf schreibt Geschäftsführer Paul Sungler: In den Kliniken könne die Behandlung weiterer Patienten nach geltenden medizinischen Standards und Sorgfaltsmaßstäben bald nicht mehr garantiert werden. Es drohe eine Notstandssituation einzutreten, in der intensivmedizinische Triagierungen vorgenommen werden müssen. „Wir appellieren daher dringend an die politisch Verantwortlichen, die erforderlichen Maßnahmen zur deutlichen Reduktion des Infektionsgeschehens zu setzen“, heißt es in dem Schreiben. Im stationären Non-CovidBereich würden dem Universitätsklinikum Salzburg derzeit 272 Betten fehlen, ab der nächsten Stufe „steht bisher kein ausreichendes ärztliches Personal zur Verfügung“.
Auffrischungsimpfung vorziehen
Salzburg verzeichnete am Dienstag mit 33 Covid-Intensivpatienten einen neuen Höchststand seit Beginn der Pandemie. Angesichts der ernsten Lage reagiert der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) mit dem Vorziehen der Drittimpfung. Nun sollen auch in Salzburg – wie bereits in Wien – alle schon vier Monate nach der zweiten eine dritte Impfung bekommen. Die Impfkapazitäten sollen noch einmal aufgestockt werden.
Gleichzeitig werden im Spital Maßnahmen gesetzt: Eine Transferstation für Covid-Patienten,
die noch nicht nach Hause können, sowie eine zusätzliche Reha-Anstalt sollen eingerichtet werden.
Dem Salzburger Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) gehen die Maßnahmen im Bundesland nicht weit genug. Er fordert „einen Lockdown möglichst schnell, um die Situation in den Griff zu bekommen“. Schellhorn will zwei Wochen die Gastronomie zusperren, keine Veranstaltungen erlauben, die Schulen zwar offenhalten, aber die Oberstufen in das Homeschooling schicken. Darüber hinaus brauche es eine Maskenpflicht an Orten im öffentlichen Raum, an denen es eng werden kann. „Hinauszögern hat jetzt keinen Sinn mehr.“Der Präsident der Gesellschaft für Intensivmediziner, Walter Hasibeder, forderte für die
Hochinzidenzbundesländer Oberösterreich und Salzburg ebenfalls kurzzeitig einen „generellen Lockdown“und eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum.
Todesrate bei vierter Welle höher
Auch in Oberösterreich ist die Lage prekär: Seit Freitag wurden 59 Todesfälle auf den Covid-Stationen in Oberösterreichs Spitälern verzeichnet. Der Großteil davon starb auf den Intensivstationen, wie Jutta Oberweger, Sprecherin der Oberösterreichischen Gesundheitsholding, dem STANDARD bestätigt. Mediziner drücken die Sachlage hinter vorgehaltener Hand drastischer aus: „Wir haben Platz auf unseren Intensivstationen, weil Infizierte versterben.“Die Todesfallrate in den Spitälern ist damit schon deutlich höher als in den vergangenen Corona-Wellen: Der bisherige Tageshöchstwert in Oberösterreich stammte vom Februar 2021 mit elf Covid-Todesopfern.
Am Dienstag wurden 97 Covid-Intensivbetten benötigt, landesweit verstarben 22 Personen an und mit Covid-19, davon zehn in Oberösterreichs Spitälern und zwölf außerhalb der Kliniken. Dazu kommt, dass auch auf den Covid-Normalstationen im Bundesland der Belag massiv steigt: Vor einem Monat waren 150 Betten belegt, am Dienstag waren es mit 513 mehr als dreimal so viele. Auf den Normalstationen sind drei von vier Personen ungeimpft. Auch wenn es vermehrt zu Impfdurchbrüchen kommt – diese treten besonders etwa bei multimorbiden Personen oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen auf.
Um Platz und Personal für die Versorgung von sehr pflegeaufwendigen Covid-Erkrankten freizuspielen, wurde das OP-Programm in Oberösterreich „massiv gedrosselt“. Das hat auch signifikante Folgen für Erkrankte, die nicht mit Covid infiziert sind. So spüren auch – möglicherweise geimpfte – Herz- oder Krebskranke die Folgen der Corona-Pandemie, wenn ihre nicht akut lebensbedrohlichen Operationen abgesagt werden müssen.