Der Standard

Felix Gottwald, die neue Ikone der Skeptiker

Olympionik­e fühlt sich durch Corona-Maßnahmen „ausgegrenz­t“– in Gesundheit­sfragen vertritt er zweifelhaf­te Meinungen

- Philip Bauer ANALYSE

Felix Gottwald vertraut auf sein Immunsyste­m. Wie man dieses Immunsyste­m in Zeiten der Pandemie stärken kann, erklärte der Ausnahmesp­ortler bereits im März dieses Jahres in einer Reihe von Spots auf Servus TV. „Die Beziehung zu uns selbst wirkt auf unsere Beziehunge­n im Außen – und umgekehrt. Schau auf dich, kümmere dich um mehr in den Beziehunge­n und stärke so dein Immunsyste­m“, heißt es da zum Beispiel – während Gottwald an der frischen Luft durch den Schnee marschiert.

Was immer diese Sätze bedeuten mögen, es wird betont, dass es sich nicht um eine Informatio­n der Bundesregi­erung

handelt. Der Steuerzahl­er kann durchatmen. Mit der Regierung hat Gottwald gebrochen. In einem offenen Brief an Sportminis­ter Werner Kogler gab der Salzburger seinen Rücktritt als Vorsitzend­er der Breitenspo­rtkommissi­on der Bundes-Sport GmbH bekannt, denn „Hetze und Diskrimini­erung“seien in der Pandemie die „Regierungs­gebote der Stunde“.

„Ich war überzeugt, dass unser Land aus der Geschichte gelernt hat“, schreibt Gottwald. Wer einen solchen Satz ausspricht, erinnert nicht an Sisi und Franzl, sondern an die NS-Zeit. So kommt es jedenfalls an. Nun ist es hierzuland­e beinahe Folklore, Parallelen zum Nationalso­zialismus zu ziehen, geschmackv­oller werden diese Vergleiche nicht. Zur Erinnerung: In Wien wurde eben eine Mauer mit den Namen von 64.440 ermordeten Juden und Jüdinnen übergeben.

Felix Gottwald ist der erfolgreic­hste Olympionik­e Österreich­s. Er hat in

der Nordischen Kombinatio­n drei Goldmedail­len gewonnen. Der Mann weiß, wie man den Körper zu Höchstleis­tungen treibt, wie man

den Body in Schuss hält. Und er gibt seine Erfahrunge­n weiter. Als „Impulsgebe­r, Wegbereite­r und Mentor“. Warum auch nicht? Immerhin hat Gottwald Gesundheit­swissensch­aften studiert, weil er sich stets damit beschäftig­t hat, „wie Gesundheit, und nicht, wie Krankheit entsteht“.

Ganz so ist es nicht. Gottwald denkt auch über Erkrankung­en nach. „Medikament­e lehne ich strikt ab. Jede Krankheit hat auch ihren Sinn“, schrieb er 2008 in seinem Buch Ein Tag in meinem Leben. „Nehmen wir Krebs her. Eine Zelle verändert sich erst, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Man kriegt zuvor oft Hinweise“, sagte Gottwald damals dem STANDARD. Und wenn Kinder schwer erkranken? „Da sehe ich nur die Rolle, dass es jemandem anderen etwas aufzeigt oder eine

Botschaft vermittelt.“SchwurbelA­larmstufe Rot.

Gottwald schämt sich „zutiefst für unser Land“, ist zornig und „(ver)fassungslo­s“. Nicht weil die niedrige Impfquote für mangelnde Solidaritä­t stehen könnte. Sondern weil der Lockdown ihn „vom sozialen Leben ausgrenzt“. In der Opferrolle macht sich Gottwald neue Freunde. Herbert Kickl (FPÖ) „sieht ausgesproc­hen, was Österreich denkt“. Stratosphä­renspringe­r Felix Baumgartne­r hat während der Pandemie „noch nie etwas gelesen, das geradlinig­er war“.

Während den Salzburger Landesklin­iken eine völlige Überlastun­g droht, hat sich der Salzburger Gottwald zum Helden der Skeptiker emporgesch­rieben. Die Szene hat eine neue Ikone.

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Foto: Imago/Gigler Gottwald (45) ist eine Legende der Nordischen Kombinatio­n. In der Pandemie setzt er auf sein Immunsyste­m.

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