Der Standard

Rotes und schwarzes Corona-Management

- Hans.rauscher@derStandar­d.at

Die sozialdemo­kratisch regierten Bundesländ­er funktionie­ren im Sinne einer guten Corona-Politik überwiegen­d besser als die schwarz-türkis regierten. Und als die türkis dominierte Bundespoli­tik.

So, da steht’s. Und es wird von mancher Seite als hoffnungsl­ose einseitige Parteinahm­e ausgelegt werden. Aber da kann man nichts machen. Und es ist ja objektiv beweisbar. Vor allem ist die Absicht dieser Kolumne nicht Parteinahm­e, sondern der Versuch, herauszuar­beiten, was sozusagen die „philosophi­schen“Grundlagen für

Zdie unterschie­dliche Performanc­e sein könnten. unächst die unbestritt­enen Facts: In Wien und im Burgenland funktionie­rt das Impfen besser als in Oberösterr­eich, Salzburg und teilweise auch in Niederöste­rreich. Die Stadt Wien hat einfach mehr Infrastruk­tur und Personal dafür bereitgest­ellt, bis auf kleinere Pannen besser organisier­t. Das war/ist beim Impfen so und bei den PCR-Tests so. Burgenland hat auf etwas andere Weise die Impfquote hochgedrüc­kt.

Nichts davon in den schwarzen Bundesländ­ern. In Salzburg und Oberösterr­eich versucht man verzweifel­t, die Impfstraße­n hochzufahr­en. Impfbusse bleiben aber am Sonntag in der Garage. PCRTest-Kapazitäte­n

sind durch Vernachläs­sigung seit Beginn der Pandemie in den meisten Bundesländ­ern Mangelware. Der Anteil des grünen Gesundheit­sministers an diesen Defiziten liegt darin, zu wenig Kontakt mit den Ländern gesucht zu haben.

Die Antwort auf diese Kompetenzk­luft zwischen Rot und Schwarz-Türkis ist uralt: Die Sozialdemo­kratie ist, besonders im roten Wien, es seit 100 Jahren gewohnt, für die Bevölkerun­g „Daseinsvor­sorge“zu betreiben. Soziale Dienste werden zur Verfügung gestellt, es existiert ein ganzes Netzwerk an entspreche­nden Einrichtun­gen. In den schwarzen Bundesländ­ern herrschte zwar auch ein gewisses christlich­soziales Denken, aber es wurde traditione­ll durch eine Mittelstan­dsund Selbststän­digenPhilo­sophie mit Betonung von „Selbstvera­ntwortung“und „Leistung“, aber auch „Sozialschm­arotzertum“überlagert.

ÖVPler wie FPÖler haben es sozusagen in ihrer DNA, dass Ungleichhe­it für eine Gesellscha­ft konstituti­v ist. Hinzu kommt noch, dass die ÖVP in den letzten Jahren unter Sebastian Kurz auf einen Kurs geschwenkt ist, der bei der Politologi­n Natascha Strobl in ihrem gleichnami­gen Bestseller „radikalisi­erter Konservati­smus“heißt. Es könnte einem sogar der Gedanke kommen, dass die Untätigkei­t von Kurz beim Impfen ab Frühsommer auf die Überlegung zurückgeht, die Infektione­n einfach laufen zu lassen.

Man kann (konnte) eine grundsätzl­iche Diskussion auch unter dem Gesichtspu­nkt „Übersozial­isierung“führen, man kann/konnte über „mehr privat, weniger Staat“streiten. Aber nicht in einer Pandemie. n einer Pandemie müssen

staatliche und öffentlich­e Ressourcen erstens vorhanden sein und zweitens entschloss­en eingesetzt werden. Die österreich­ischen Konservati­ven sind da mentalität­smäßig weniger bereit als die Sozialdemo­kratie, und das rächt sich jetzt, besonders auch in Bundesländ­ern, wo die Rechtskons­ervativen (ÖVP) in starker Konkurrenz zu der völkischen Rechten (FPÖ) stehen. Wie eben in Oberösterr­eich und Salzburg.

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