Impfpflicht könnte ausgeweitet werden
Lockdown für alle? Darüber wird am Freitag in Tirol beraten. Die beschlossene Impfpflicht im Gesundheitsbereich könnte auf andere Berufe ausgeweitet werden. Derzeit werden die rechtlichen Voraussetzungen geprüft.
Wird der morgige Freitag der nächste Tag der Entscheidungen, oder wird wieder nur beraten? Genau wusste das am Mittwoch noch niemand. Fix ist aber, dass es bei der Landeshauptleutekonferenz am Tiroler Achensee ausschließlich um Maßnahmen gegen die Covid-Pandemie gehen wird. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP), derzeit auch Vorsitzender der Länderkonferenz, betonte, dass auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) eingeladen seien. Beide glänzten zwar am Mittwoch beim Ministerrat mit Abwesenheit, doch ihre gegensätzlichen Haltungen zu einem Lockdown für alle (Minister dafür, Kanzler dagegen) sind ohnehin bekannt.
Wer sonst ist eigentlich wofür? Hier ein Überblick:
Expertinnen und Experten Im Gesundheitsministerium, bei den Landeshauptleuten und auch in der Präsidentschaftskanzlei bei Alexander Van der Bellen laufen Gespräche mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen. Als Mindestmaßnahmen wurde dabei empfohlen, eine neuerliche Impfoffensive für Geimpfte und Ungeimpfte zu lancieren, transparent über die Wirksamkeit der Impfung zu kommunizieren sowie dreimal pro Woche PCR-Tests an allen Schulen durchzuführen und eine umfassende FFP2-Masken-Pflicht einzuführen, bestätigte die Präsidentschaftskanzlei einen Bericht von Heute.
Klar hinter Mücksteins Forderungen nach weiteren Verschärfungen stellte sich die oberste Gesundheitsbeamtin im Gesundheitsministerium, Katharina Reich. Sie pochte im ORF-Report am Dienstagabend auf schärfere Maßnahmen auch für Geimpfte wie die Ausgangsbeschränkungen in der Nacht. Man habe „keine Pandemie der Ungeimpften, sondern wir sind in einem Stadium angekommen, wo es uns alle betrifft“, plädierte sie für eine „Notbremse“.
Die Regierung Für die Regierung sprachen am Mittwoch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Beide betonten, es sei der Regierung bewusst, dass die Lage sehr ernst sei. Beide bemühten sich, die zuletzt aufgetretenen Konflikte um das Pandemiemanagement in der Bundesregierung zu relativieren: Schallenberg und Mückstein hätten am Tag zuvor im Nationalrat „alles gesagt“, „allfällige weitere Maßnahmen werden intern besprochen, gemeinsam auch mit den Landeshauptleuten, das wird alles gemeinsam zeitnah kommuniziert“.
Gesetzesentwurf
Spannend könnte es bei der Regelung zu einer Impfpflicht werden. Im Gesundheitsministerium wird derzeit ein Gesetzesentwurf zu der von Mückstein angekündigten Impfpflicht für Gesundheitsberufe vorbereitet. „Im Zuge dessen wird diese Materie auch breit mit StakeholderInnen, ExpertInnen und VerfassungsjuristInnen diskutiert“, hieß es am Mittwoch im Büro des Ressortchefs. Auch Justizministerin Zadić erklärte im Pressefoyer nach dem Ministerrat, die Bundesregierung lasse die Frage einer Impfpflicht für Gesundheitsberufe und eventuell darüber hinaus rechtlich bewerten. „Der Gesundheitsminister
spricht sich sehr eng mit Juristen ab, mit Verfassungsjuristen“, so Zadic. „Das ist eine Maßnahme, die diskutiert wird“, bestätigte Tourismusministerin Köstinger (ÖVP).
Beim Thema Lockdown für alle blieb Köstinger auf der vom Kanzler vorgegebenen Linie, dass man bei den Ungeimpften ansetzen müsse und die Geimpften unberührt bleiben sollen. „Mit dem Lockdown für Ungeimpfte haben wir sehr weitreichende Maßnahmen gesetzt“, so Köstinger. Man habe sich verständigt, dass man den Geimpften „größtmögliche Freiheit“geben wolle und Ungeimpfte schützen müsse.
Die Opposition Scharfe Kritik an der Regierung übte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Der Ministerrat am Mittwoch sei ein „Sinnbild für das totale Versagen der Regierung“bei der Bewältigung der Corona-Krise. „Corona wütet so schlimm wie noch nie in Österreich, und die Regierungsspitze ist auf Tauchstation“, warf Deutsch Kanzler Schallenberg und Gesundheitsminister Mückstein vor.
Auch die Neos sprechen von einem Versagen der Regierung, insbesondere was die Wintertourismussaison betreffe. Neos-Tourismussprecherin Julia Seidl kritisiert, dass Köstinger, obwohl die deutsche Reisewarnung absehbar gewesen sei, viel zu lange mit den Verhandlungen mit Deutschland gewartet habe.
„Wenn Kinder nach einem Urlaub in Österreich in Quarantäne müssen, dann braucht sich niemand wundern, wenn die Gäste ihren Urlaub lieber woanders verbringen, beispielsweise in Südtirol. Die Regierung hat einmal mehr alle Warnungen in den Wind geschlagen und versagt, und die Leidtragenden sind erneut die Hoteliers und die Zulieferbetriebe“, so Seidl.
Die Touristiker Und was sagen Touristiker? In der Tourismusbranche sprechen sich viele für einen sofortigen Komplettlockdown aus. „Aus touristischer Sicht wäre ein harter Lockdown wahrscheinlich das, was jetzt absolut notwendig wäre“, bekräftigte Wifo-Experte Oliver Fritz am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal.
Verschnaufpause
In dieselbe Kerbe schlug die frühere Obfrau der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Petra NockerSchwarzenbacher, die ein Hotel in St. Johann im Pongau führt. Sie sei „klar für einen Lockdown“, betonte die Branchenkennerin in der ORFZiB am Dienstag. Erstens als „Verschnaufpause für das Gesundheitssystem, zweitens, aus touristischer Sicht, dass wir die Zahlen endlich nach unten drücken“. (simo)