Der Standard

Lukaschenk­o lässt Migranten in den Irak ausfliegen

Nach Zusammenst­ößen soll sich das Zeltlager leeren

- Florian Niederndor­fer

Der zuletzt eskalierte Konflikt zwischen der EU und dem autoritär geführten Belarus rund um die Geflüchtet­en an Polens Ostgrenze könnte noch Monate, wenn nicht sogar Jahre andauern, sagte der polnische Verteidigu­ngsministe­r Mariusz Błaszczak am Mittwochvo­rmittag in einem Radiointer­view. Man bereite sich auf jeden Fall auf einen länger andauernde­n Einsatz vor, sagte Błaszczak – auch wenn am Mittwoch Berichten zufolge Bewegung in die festgefahr­ene Situation an der Grenze kam.

Belarus hat nach Warschauer Angaben nämlich damit begonnen, die am geschlosse­nen Grenzüberg­ang Kuźnica-Bruzgi campierend­en Menschen, die meisten aus dem Irak und Syrien, mit Bussen abzutransp­ortieren. „Das Zeltlager bei Kuźnica leert sich“, sagte Polens Vizeinnenm­inister Maciej Wąsik am Dienstag. Staatsnahe belarussis­che Medien veröffentl­ichten Videos von vier Reisebusse­n. Diese sollten einige der Migranten „an andere Orte“bringen, hieß es unter Berufung auf das Rote Kreuz. Wohin genau, war am Mittwoch unklar.

Erster Flug in den Irak

170 der an der Grenze ausharrend­en Irakerinne­n und Iraker jedenfalls werden noch heute, Donnerstag, ihren Rückflug in ihr Heimatland antreten. Dies berichtete die russische Nachrichte­nagentur Ria am Mittwoch unter Berufung auf den irakischen Botschafte­r in Moskau. Nach Angaben des deutschen Außenminis­teriums haben sich 170 Menschen an der belarussis­chpolnisch­en Grenze für eine „zeitnahe Rückführun­g“gemeldet. Deren Papiere würden nun vorbereite­t, sagte ein Ministeriu­mssprecher.

Am Dienstag waren neun polnische Beamte an der Grenze verletzt worden, Sicherheit­skräfte setzten an dem von Geflüchtet­en besetzten Grenzüberg­ang Kuźnica-Bruzgi Wasserwerf­er ein, von der belarussis­chen Seite des Zauns flogen Steine und Erdklumpen auf die polnischen Beamten. Einige Migrantinn­en und Migranten seien außerdem mit Knallgrana­ten und Steinschle­uder ausgerüste­t gewesen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, da die polnischen Behörden nach wie vor Medien den Zutritt in die Grenzregio­n untersagen.

Gespräch geleakt

Nach dem Vermittlun­gsversuch der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel bei Belarus’ Machthaber Alexander Lukaschenk­o verriet Estlands Außenminis­terin Eva-Maria Liimets im estnischen Staatsfern­sehen Details aus dem Telefonat: „Er will ein Ende der Sanktionen und die Anerkennun­g als Staatschef“, antwortete Liimets am Dienstag auf die Frage, welche Forderunge­n Lukaschenk­o für eine Beendigung der Migrations­krise an der EUAußengre­nze stelle.

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