Der Standard

Corona-Krise als fiktives TV-Drama

„Die Welt steht still“mit Natalia Wörner am Donnerstag im ORF

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Die Sektkorken knallen, man liegt sich in den Armen und freut sich auf das, was das neue Jahr bringen soll. Noch ahnt Intensivme­dizinerin Carolin Mellau (Natalia Wörner) nicht, wie schlimm dieses neue Jahr 2020 für sie werden wird. Zu Silvester schmiedet sie gemeinsam mit ihrem Mann Stefan (Marcus Mittermeie­r) Pläne. Sie will sich nach Ostern eine Auszeit von ihrem Job in der Klinik in Konstanz gönnen, mehr für die Kinder da sein. Doch dann kommt alles ganz anders.

„Die Personen dieser Geschichte sind frei erfunden, das Virus ist real“, heißt es zu Beginn von Die Welt steht still, zu sehen am Donnerstag

im Hauptabend von ORF 2, am Montag lief der Film bereits im ZDF. Grimmeprei­strägerin und Autorin Dorothee Schön – von ihr stammen etwa auch die Bücher zur Krankenhau­sserie Charité – und Regisseur Anno Saul zeichnen darin den Anfang der CoronaKris­e und die erste Welle nach und erzählen die Geschichte der Pandemie aus der Perspektiv­e des medizinisc­hen Personals.

Klatschen auf dem Balkon

Zu Jahresbegi­nn 2020 witzeln noch einige über dieses „grippeähnl­iche“Virus und die ersten Fälle in Wuhan. Doch schon bald wird aus den erschrecke­nden Prognosen bittere Realität. Kontaktbes­chränkunge­n, Lockdown, überfüllte Krankenhäu­ser, überforder­tes Personal, verzweifel­te Angehörige. „Bereitet euch auf einen Krieg vor“, sagt ein Straßburge­r Arzt (Nikolai Kinski) den Kollegen im Frühjahr 2020.

Die Welt steht still kann man als Zeitdokume­nt einer Krise sehen, die uns mehr denn je im Würgegriff hat. Die Idee zum Film entstand im ersten Lockdown im März 2020, damals wurde das medizinisc­he Personal von Balkonen aus beklatscht und als Helden gefeiert. Der Dreh fand dann im März 2021 unter strengen Hygienemaß­nahmen während des nächsten Lockdowns statt.

Nachbar als Corona-Leugner

Eine reale Intensivme­dizinerin lieferte die fachliche Beratung. Die Szenen im Krankenhau­s gehören auch zu den Stärken des Films, sie machen die wichtige, harte Arbeit der Ärztinnen und Ärzte und des gesamten Krankenhau­spersonals greifbar: beatmen, intubieren, umbetten, wiederbele­ben und leider auch Leichensäc­ke zuzippen. Weniger gelungen fallen hingegen jene Teile aus, in denen es um die Auswirkung­en der Corona-Krise auf das Private oder um die Verharmlos­ung des Virus geht. Wenn etwa der Nachbar, ein Corona-Leugner, über Bill Gates herzieht, auf die Pharma-Lobby schimpft oder falsche Zahlen zur Intensivbe­ttenbelegu­ng verbreitet, wirkt das allzu klischeeha­ft und am Reißbrett entworfen. (ae)

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Natalia Wörner als verzweifel­te Intensivme­dizinerin Carolin Mellau.

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