Impfen gegen den Spitalskollaps
Die Intensivstationen füllen sich weiter mit Covid-Patienten. Um aus der Corona-Pandemie zu kommen, setzt die Regierung auf die Impfung. Nun müssen Dosen nachbestellt werden. Irene Brickner, Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl
Die Intensivstationen in Österreich füllen sich immer weiter mit Covid-Patientinnen und -Patienten. 41 kamen am Donnerstag neu hinzu. 619 Menschen wurden an diesem Tag wegen einer Corona-Infektion intensivmedizinisch behandelt – ein Höchststand in diesem Jahr. Die höchste Auslastung seit Anbeginn der Pandemie wurde genau ein Jahr zuvor gemeldet: Am 25. November 2020 lagen 709 Personen wegen einer Covid-Erkrankung in einem Intensivbett.
Mittlerweile stoßen immer mehr Länder an ihre Kapazitätsgrenzen: In Oberösterreich und Salzburg waren bereits in den vergangenen Tagen mehr als die systemkritischen 33 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Fällen belegt. In Salzburg kamen am Donnerstag weitere zwölf Personen hinzu. Vier CoronaSchwersterkrankte wurden in den vergangenen beiden Tagen nach Wien geflogen. Auch in Niederösterreich ist am Donnerstag mit 114 belegten Corona-Intensivbetten die systemkritische Grenze von 33 Prozent der Gesamtkapazität überschritten worden.
Einmal in der Woche erhebt das Gesundheitsministerium den Anteil der vollständig Immunisierten in den Spitälern. Am Dienstag betrug dieser 26,7 Prozent unter jenen, die auf einer Intensivstation betreut wurden. 73,3 Prozent hatten keine oder nur eine Teilimpfung. Allerdings verweist man im Ministerium darauf, dass es sich bei den schwerstkranken Geimpften vor allem um ältere Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen handelt.
Impfung als Ausweg
Um aus der Pandemie herauszukommen, setzt der Bund daher weiter auf die Impfung. Doch aktuell steuere Österreich auf einen Mangel an Impfstoffdosen zu – nicht insgesamt, aber beim Vakzin von Biontech/Pfizer, sagt Anton Heinzl, Sprecher der niederösterreichischen Gesundheitslandesrätin Ulrike
Königsberger-Ludwig (SPÖ). „In der Landesimpfkoordination haben wir ausgerechnet, dass die Verfügbarkeit des Biontech/PfizerPräparats bei den aktuellen niederösterreichischen Impfzahlen von insgesamt rund 100.000 Stichen pro Woche und den Impffortschritten nur mehr eingeschränkt verfügbar sein wird“, präzisiert er.
Denn erstens sei der Biontech/PfizerImpfstoff das beliebteste Anti-Corona-Vakzin – und er werde, zweitens, auch aus medizinischen Gründen breiter angewandt als der auch in Österreich verimpfte Impfstoff von Moderna, sagt Heinzl. Das Moderna-Präparat werde etwa aufgrund des Risikos seltener Herzmuskelentzündungen bei unter 30-Jährigen nicht benutzt, auch für die Off-labelImpfung von fünf- bis elfjährigen Kindern wird Biontech/Pfizer in reduzierter Dosis verwendet. Die Booster-Shots hätten bis dato ebenfalls vielfach mit Pfizer stattgefunden.
Das, so betont Heinzl, bedeute aber nicht, dass eine allgemeine Impfstoffknappheit ins Haus stehe. Vom Moderna-Präparat sei seines Wissens ausreichend da. Das bestätigt auch Monika Vögele, Generalsekretärin des Verbands der Pharmagroßhändler (Phago): Momentan habe man von den mRNA-Impfstoffen etwa 3,5 Millionen Dosen in den Lagern liegen, weitere seien bestellt, aber noch nicht ausgeliefert: „Es kommt jede Woche Nachschub.“Die Zeit, in der „man den Impfstoff gebraucht hätte und ihn nicht bekommen hat, die ist vorbei. Es gibt ihn, und man kann ihn beschaffen.“Die Lagerkapazitäten seien auch nicht ausgereizt, sagt Vögele: Man habe Platz für über zehn Millionen Dosen.
Ministerium bestellt nach
Im Gesundheitsministerium heißt es, dass seit dem Sommer in Österreich ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehe. Da sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Tagen geändert haben – etwa durch die Pläne zur Impfpflicht ab Februar – würden aus den Bundesländern derzeit erfreulicherweise wieder überdurchschnittlich viele Impfdosen abgerufen. Deshalb habe sich Österreich „als Sicherheitsreserve“ein zusätzliches Kontingent von Biontech/Pfizer gesichert. „Mit diesem sollen ab Dezember laufend die Impfstofflieferungen verstärkt werden.“Der in Österreich verwendete Corona-Impfstoff wird zentral über die EU bestellt. Die Bundesbeschaffungsagentur verteilt ihn an die Bundesländer, denen die Impflogistik obliegt.