Der Standard

Inflation kostet Sparer heuer rund acht Milliarden Euro

Preisauftr­ieb könnte länger bleiben, als Experten lieb ist

- Bettina Pfluger

Die Inflation ist im Jahresverl­auf stetig gestiegen und lag im Oktober bei 3,7 Prozent – so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr. Einige Güter sind Treiber der Teuerungsr­ate, Heizöl etwa wurde heuer um 60,8 Prozent teurer, Gas hat sich um 15,6 Prozent verteuert und Baumateria­l um 7,1 Prozent. Viele Experten gehen davon aus, dass der Preisauftr­ieb nur vorübergeh­end ist, weil nach den Lockdowns eine Nachfrages­pitze entstanden ist.

Menschen spüren die Teuerungen im täglichen Leben aber auch abseits der neuen Preistreib­er. Im Vergleich zum Jahr 2010 stiegen die Verbrauche­rpreise im Schnitt um 24 Prozent – mit einzelnen ordentlich­en Ausreißern: Kosten für Museen sind etwa in dieser Zeit um 130 Prozent gestiegen, fixe Wassergebü­hren verteuerte­n sich um 101 Prozent, Briefporto wurde um 82 Prozent teurer und Zeitungen etwa um 69 Prozent.

Privatverm­ögen bedroht

Die Inflation reduziert aber auch die Kaufkraft. Die Österreich­er besitzen aktuell rund 782 Milliarden Euro an privatem Geldvermög­en. 27 Milliarden davon sind laut der Nationalba­nk Bargeld, 193 Milliarden täglich fällige Einlagen und 95 Milliarden Euro fallen unter den Begriff „sonstige Einlagen“. „Damit liegen rund 315 Milliarden Euro praktisch unverzinst herum“, sagt Martin Kwauka vom Finanzjour­nalistenfo­rum.

Nimmt man für die 315 Milliarden Euro im Schnitt einen nominellen Zinssatz von plus 0,1 Prozent und die vom Wifo für 2021 prognostiz­ierte Inflation von 2,8 Prozent an, ergibt das unterm Strich einen negativen Realzins von 2,7 Prozent. Das entspricht einem Kaufkraftv­erlust von 8,5 Milliarden Euro. Kommendes Jahr wird die Inflation laut letzter Wifo-Prognose 3,1 Prozent erreichen. Bleibt das Ersparte gleich hoch, steigt der Kaufkraftv­erlust auf 9,5 Milliarden.

Laut dem harmonisie­rten Verbrauche­rpreisinde­x von Eurostat haben sich die Preise in der EU von 2015 bis Oktober 2021 im Schnitt um insgesamt 10,5 Prozent erhöht. Österreich liegt bei plus 13 Prozent, Deutschlan­d bei plus 10,7 Prozent und Italien bei plus 6,6 Prozent. Fast keine Teuerung gibt es in der Schweiz mit 1,7 Prozent. Österreich­s Sparer leiden somit stärker unter der Nullzinsph­ase als jene in den Nachbarsta­aten.

Dass die Inflation nur ein temporäres Phänomen ist, vertritt aber nicht jeder Experte. „20 Jahre haben Billigimpo­rte aus Asien die Inflation gedrückt. China macht es aber nicht mehr billiger“, sagt Bert Flossbach vom Unternehme­n Flossbach von Storch. Man sehe sich gerade Preiserhöh­ungen an. Nestlé habe

draufgepac­kt, Unilever vier Prozent, CocaCola sechs Prozent, Pepsi fünf Prozent. „Das geht jetzt wieder los, fast wie in den Siebzigern“, sagt Flossbach. Stefan Kreuzkamp, Investment­chef der Fondsgesel­lschaft DWS, rechnet ebenfalls mit einem künftig höheren Inflations­niveau. Als Ursache sieht er auch die Probleme mit den globalen Warenkette­n, die zu Rückverlag­erungen der Produktion nach Europa führten, sowie die Kosten im Kampf gegen den Klimawande­l wie CO2-Steuern.

„Die Corona-Pandemie hat viele wirtschaft­liche Themen in den Hintergrun­d gerückt“, sagt Eric Samuiloff, WKO-Fachgruppe­nobmann der Finanzdien­stleister. Wegen der Nullzinsph­ase investiert­en die Menschen aber; verschöner­n Haus oder Wohnung, kaufen neue Autos. Das unterstütz­e die Wirtschaft zwar. Es brauche laut Samuiloff dennoch klare Konzepte der Politik für die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Landes.

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