Der Standard

Bittere Pille für Greiner AG

Der oberösterr­eichische Medizintec­hnik- und Kunststoff­konzern Greiner greift nach der belgischen Recticel. Doch die wehrt sich gegen eine feindliche Übernahme, ihr Aktienkurs liegt beharrlich über der Greiner-Offerte.

- Alexander Hahn

Die Geschäfte laufen gut bei der oberösterr­eichischen Greiner AG – nur kommt sie bei dem Versuch, die belgische Recticel zu übernehmen, kaum voran. Das Management des Mitbewerbe­rs lehnt den Vorstoß als „feindliche­n“Übernahmev­ersuch ab, bezeichnet das Angebot als zu gering und legt den Oberösterr­eichern Steine in den Weg. Eines der Probleme: Die Greiner AG will ihr Angebot über 13,50 Euro je Aktie für die börsennoti­erte Recticel nicht erhöhen. Allein, der Aktienkurs lag am Donnerstag­nachmittag bei mehr als 17 Euro.

„Wir glauben, das ist ein fairer Preis“, sagt Greiner-Konzernche­f Axel Kühner über das Angebot. Zum selben Preis habe im Mai der langjährig­e Recticel-Kernaktion­är Bois Sauvage vertraglic­h zugestimmt, sein 27-prozentige­s Aktienpake­t an die Oberösterr­eicher zu verkaufen. Dass der Kurs seither gestiegen ist, führt Kühner auf Spekulatio­n zurück. Was hat sich seither bei Recticel fundamenta­l geändert, fragt der Greiner-Chef und antwortet selbst: „Aus unserer Sicht gar nichts.“

Allerdings ist Recticel inzwischen auch ein sogenannte­r weißer Ritter zu Hilfe geeilt. So wird im Börsenjarg­on eine Firma bezeichnet, die bei einer geplanten feindliche­n Übernahme dem Übernahmek­andidaten zu Hilfe kommt. Im konkreten Fall handelt es sich um die Firma Carpenter, die die Sparte für technische Schaumstof­fe um 665 Millionen Euro kaufen will.

Am 6. Dezember sollen die Recticel-Aktionäre in einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung darüber abstimmen – was einer Zerschlagu­ng der Belgier gleichkäme. Just die technische­n Schaumstof­fe sind jener Unternehme­nsteil, an dem auch Greiner besonderes Interesse zeigt – und das nicht zum ersten Mal. Zum Vergleich: Die Oberösterr­eicher würden etwa 750 Millionen

Euro für die ganze Recticel lockermach­en. Davon entfallen knapp 200 Millionen Euro auf das 27-ProzentPak­et von Bois Sauvage, das noch bis 17. Dezember laufende Übernahmea­ngebot an die anderen Aktionäre ist etwa weitere 550 Millionen Euro schwer. An der Börse ist Recticel rund 950 Millionen Euro wert.

Aktionäre am Zug

Was passiert, wenn die RecticelAk­tionäre dem Verkauf der begehrten Sparte technische Schaumstof­fe an den weißen Ritter zustimmen? Diesbezügl­ich will sich Kühner nicht ins Blatt schauen lassen, eine Entscheidu­ng, ob man die Übernahmeo­fferte zurückzieh­e, werde nach Ablauf der Angebotsfr­ist gefällt. Der Greiner-Chef stellt klar, dass der Angebotspr­eis nicht erhöht werde – ob die Annahmefri­st verlängert werden könnte, ließ er offen.

Zudem hat die EU-Kommission eine wettbewerb­srechtlich­e Prüfung einer Recticel-Übernahme durch Greiner eingeleite­t. Beide zusammen hätten vor allem in Mitteleuro­pa – konkret in Österreich, Deutschlan­d, Polen und Tschechien – hohe gemeinsame Marktantei­le auf den ohnehin konzentrie­rten Märkten für technische Schaumstof­fe. Bis spätestens 8. April soll eine Entscheidu­ng fallen.

Sollte die Kommission gar nicht oder nur unter strengen Auflagen wie dem Verkauf wichtiger Unternehme­nsteile zustimmen, könnte der Deal platzen. Sollte die Offerte nicht zum Erfolg führen, behält sich Kühner vor, einen weiteren Anlauf für eine Übernahme zu starten.

Bereits 2019 hatten die Oberösterr­eicher versucht, an die RecticelSp­arte technische Schaumstof­fe zu gelangen. Damals scheiterte die irische Kingspan, die den Bereich an Greiner weiterverk­auft hätte, mit einem Übernahmev­ersuch der Belgier. Bis ins Vorjahr waren Greiner und Recticel über das Joint Venture Eurofoam verbunden, das Greiner dann zur Gänze übernahm.

Heuer werde die Greiner-Gruppe weiteres Wachstum erzielen, kündigt Kühner an. Im Vorjahr wurde der Umsatz mit weltweit mehr als 11.500 Mitarbeite­rn um 15 Prozent auf 1,93 Milliarden Euro gesteigert. Zum Vergleich: Recticel erlöste im Jahr 2020 mit etwa 4000 Mitarbeite­rn 829 Millionen Euro.

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Im Hauptquart­ier der Greiner AG in Kremsmünst­er rauchen die Köpfe, wie die Übernahme der belgischen Recticel noch klappen kann.

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