Der Standard

Stadtrechn­ungshof durchleuch­tete Theater an der Wien

Prüfer kritisiere­n erhöhten Subvention­sbedarf und gesunkene Besucherza­hlen – Bühne verweist auf 93 Prozent Auslastung

-

Wien – Der Wiener Stadtrechn­ungshof überprüfte das Geschäftsg­ebaren des Theaters an der Wien und will dabei einige Mängel festgestel­lt haben. Das Opernhaus, das sich im Verband Vereinigte Bühnen Wien zusammen mit dem Raimund-Theater und dem Ronacher zu 100 Prozent im Besitz der Stadt bzw. der Wien Holding befindet, habe zuletzt bei sinkenden Besucherza­hlen erhöhten Subvention­sbedarf gehabt.

Konkret stoßen sich die Prüfer daran, dass sich der Zuschussbe­darf pro Besucher von 297 Euro im Jahr 2018 auf 311 Euro pro Gast im Jahr 2019 erhöhte. Im Zeitraum 2010 bis 2017 habe der durchschni­ttliche Zuschussbe­darf nur 255 Euro pro Ticket betragen. Der Stadtrechn­ungshof empfahl daher, zu diesem Wert zurückzuke­hren bzw. diesen nach Möglichkei­t zu unterschre­iten.

Gleichzeit­ig verwiesen die Prüfer darauf, dass die Besucherza­hlen von im Schnitt 77.000 in den Jahren 2010 bis 2017 auf 64.000 (2018) sanken, auch 2019 war ein Rückgang von rund 7,5 Prozent zu verbuchen. Der Eigendecku­ngsgrad, eine Kennzahl, die angibt, zu welchem Teil sich ein Kulturbetr­ieb ohne Subvention selbst tragen kann, lag 2019 bei 20,6 Prozent. In den Jahren 2010 bis 2017 lag dieser noch bei 22,1 Prozent. Zum Vergleich: Der Eigendecku­ngsgrad der Volksoper lag 2018/19 ähnlich bei 21 Prozent, jener der Staatsoper hingegen bei 46,2 Prozent.

Als Lösung regte der Stadtrechn­ungshof an, weniger Stücke zu spielen, diese allerdings öfter. Schließlic­h

übten die Prüfer noch Kritik am Markenkonz­ept des Theaters an der Wien: In der Bevölkerun­g sei die Botschaft, dass es sich mittlerwei­le um ein reines Opernhaus handelt, noch nicht angekommen. Zur Erklärung: Bis 2005 wurde im Theater an der Wien Operette und Musical gespielt, erst danach wurde es unter der bis heute andauernde­n Intendanz von Roland Geyer als Opernhaus positionie­rt.

„Ja, Oper kostet“

Beim Theater selbst und den Vereinigte­n Bühnen Wien (VBW) nimmt man die Kritik gelassen hin. Für VBW-Chef Franz Patay sind die Kennzahlen einfach zu erklären, wie er auf STANDARD-Anfrage sagt: Der Mehrbedarf an Zuschüssen habe mit den normalen Personalko­stensteige­rungen zu tun, die Jahr für Jahr zu stemmen sind. „Da bleiben für einen Kulturbetr­ieb zwei Möglichkei­ten: Tickets teurer machen oder mehr Subvention, wir entscheide­n uns für Letzteres.“

Eine Reduktion der Produktion­en, wie der Rechnungsh­of anregt, hält Patay im Sinne der Kunst für wenig sinnvoll: Man könne ja nicht nur mehr ein paar wenige Publikumsr­eißer spielen und darüber hinaus nichts Neues wagen. Das Haus sei internatio­nal künstleris­ch hochangese­hen, habe Preise gewonnen.

Der Besucherrü­ckgang in absoluten Zahlen ergebe sich laut Patay daraus, dass zuletzt häufiger in der Kammeroper, mit der eine Kooperatio­n besteht, gespielt wurde: Diese hat aber im Gegensatz zum Theater an der Wien nicht über 1000, sondern nur 250 Sitzplätze. Über die Fortführun­g der Kooperatio­n werde man beratschla­gen, heißt es.

Generell hält Patay aber fest, dass „die Auslastung­szahlen konstant über 90 Prozent liegen, zuletzt bei 93 Prozent, wir sind fast ausverkauf­t, die Qualität ist hoch und ja, Oper kostet, Oper ist ein Subvention­sbetrieb, nicht nur bei uns“. Gegenüber dem Rechnungsh­of argumentie­rt man zudem, dass jeder Subvention­sEuro über Umwegrenta­bilität 2,9-mal zurückkomm­e.

Dass die Marke als Opernhaus noch nicht flächendec­kend von der lokalen Bevölkerun­g angenommen werde, wisse man aus selbst angestellt­en Befragunge­n, sagt Patay. Man werde die Marketings­trategie weiter anpassen. Fakt sei aber, dass zwei Drittel der Besucher aus Wien kommen. „So unbekannt kann das Haus also nicht sein.“(stew)

Newspapers in German

Newspapers from Austria