Der Standard

Politische­s Hochamt nur im Ersten

- Petra Stuiber

Man sah ihnen allen an, was Robert Habeck, der künftige grüne Vizekanzle­r Deutschlan­ds, aussprach: „Es war manchmal ganz schön anstrengen­d, wir haben uns viel zugemutet.“Tatsächlic­h machten die Spitzenver­treter der neuen Dreierkoal­ition am Mittwoch keinen strahlende­n Eindruck. Der künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzmini­ster-to-be Christian Lindner (FDP), Bald-Außenminis­terin Annalena Baerbock und Habeck wirkten eher erschöpft als euphorisch, mit der vierten Corona-Welle im Nacken.

Im Brennpunkt, dem politische­n Magazin der ARD, traten sie an: Scholz (sehr „scholzig“), Baerbock und

„BRENNPUNKT“UND „MAISCHBERG­ER“ZUR REGIERUNGS­BILDUNG IN BERLIN AUF ARD

Lindner, die Moderatori­n klopfte sie sorgfältig auf Widersprüc­he in den Koalitions­kompromiss­en ab. Und in schnell und gut recherchie­rten Hintergrun­dberichten wurde bereits der Koalitions­vertrag analysiert und kritisch hinterfrag­t. Der Titel der Sendung gab den Grundton vor: Ampelstart in der Pandemie.

Danach, bei Maischberg­er, ging es weiter. Das Format mit zwei verschiede­nen Gesprächse­benen und Moderatori­n Sandra Maischberg­er, die ständig den Standort wechselt, wirkt kurzweilig und modern. Die Tonalität blieb die gleiche: Was tut ihr jetzt, um diese Pandemie zu beenden? Die Antworten der künftigen Koalitionä­re blieben gleichmäßi­g vage. Impfpflich­t, auch in Deutschlan­d? Vielleicht, vielleicht auch nicht.

Deutlich altväteris­cher die Tagesschau mit ihrem etwas erratisch wirkenden „Meinungs“-Element. Das Überrasche­ndste an diesem TV-Hauptabend war: Man sah das alles „im Ersten“. Die ARD feierte die neue Koalition als politische­s Hochamt. Beim zweiten öffentlich-rechtliche­n Sender, ZDF, sendete man dagegen, bis auf ZDF-Heute, „business as usual“.

➚ dst.at/TV-Tagebuch

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