Heikle Urheberschaft bei Angriff auf WKStA
Die unabhängige Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher griff in einem Pressetext die WKStA an. Dabei erhielt sie fragwürdige Hilfe: Sie ließ sich von der Kanzlei Ainedter beraten, die im Casinos-Akt zwei Beschuldigte vertritt.
Es war eine veritable Ohrfeige für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), deren Ermittlungen gerade Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Rücktritt gezwungen hatten: Auf dreizehn Seiten nahm die Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher die Arbeit der WKStA auseinander; in einer Pressemitteilung ging sie später noch schärfer mit der WKStA ins Gericht. Doch nach Informationen von STANDARD und Spiegel hatte Aicher bei der Pressemitteilung Hilfe – und zwar von der Kanzlei Ainedter, die im CasinosAkt zwei Beschuldigte vertritt. Auf Anfrage bestätigt Aicher, sie habe sich „von meinen anwaltlichen Vertretern auf Basis meines Vortrags“bei der Pressemitteilung beraten lassen. Mit Ainedter sei sie „seit Jahren freundschaftlich verbunden“, was sie immer offengelegt habe. Sie habe Ainedter schon vergangenes Jahr mit ihrer Vertretung beauftragt, da sie befürchtet habe, dass ihre „in Wahrnehmung meiner Pflichten gemachten Äußerungen ‚gegen die WKStA‘ mit Anzeigen und unrichtiger medialer Berichterstattung einhergehen können“. Ainedter berief sich auf seine Verschwiegenheitspflicht.
Das lässt den Angriff auf die WKStA in neuem Licht erscheinen. In ihrem Text hatte Aicher die Staatsanwälte weit über ihre Zuständigkeit hinaus kritisiert. „Wer den Rechtsstaat vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaates zu halten. Der Zweck heiligt nicht die Mittel“, schreibt sie in Richtung Korruptionsermittler. „Hinzu kommt, dass in diesem Fall aufgrund der Aktenlage eine solche Ermächtigung niemals hätte erteilt werden können“, schrieb Aicher in dem Text, der an ausgewählte Boulevardmedien wie die Krone ging – und in dessen Metadaten die Kanzlei Ainedter als Erstellerin des Dokuments angeführt wird.
Dabei ist ein anderer Mandant der Kanzlei Ainedter direkt von den Vorgängen betroffen, die Aicher so wortreich kritisiert hat: der einstige Medienbeauftragte im Kanzleramt, Gerald Fleischmann. Er war einer der Beschuldigten, deren Büros am 6. Oktober 2021 in einer Großaktion durchsucht worden waren. Auslöser war die Inseraten- und Umfrageaffäre, dabei geht es um den Vorwurf der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Im Zuge der Affäre stand Ex-Kanzler Sebastian Kurz so unter Druck, dass er wenige Tage später zurücktrat. Wie vor fast jeder Hausdurchsuchung wollten die Ermittler
auch am 6. Oktober die Smartphones der Beschuldigten peilen. Um die Smartphones von Journalisten zu orten, müssen Ermittler jedoch eine spezielle Genehmigung einholen. Hier kommt die unabhängige Rechtsschutzbeauftragte ins Spiel. Doch die WKStA vergaß, laut eigenen Angaben „irrtümlich“, Aicher zu informieren. Das fiel den Staatsanwälten aber rechtzeitig auf, sodass es zu keiner rechtswidrigen Peilung kam.
Dennoch musste Aicher Beschwerde einlegen, richterlich genehmigt wäre die Peilung ja gewesen – ein Fehler des Richters, aber auch der Fall-führenden Staatsanwälte. In ihrer Mitteilung ging Aicher jedoch weit darüber hinaus, die fehlende Absprache mit ihr zu monieren. Vielmehr unterstellte sie der WKStA, den Casinos-Akt falsch zu führen und so Leaks zu provozieren.
Nachdem sich die WKStA dagegen wehrte, ließ sich Aicher auf ein Scharmützel mit der Antikorruptionsbehörde ein. Sie verschickte die erwähnte Beschwerde an Boulevardmedien, in der sie die WKStA frontal angriff. Die Rolle der Kanzlei, mit der sie sich offenbar beraten hatte, legte sie nicht offen. Das wirft Fragen nach Interessenkonflikten auf: Klaus Ainedter vertritt Fleischmann und einen zweiten Beschuldigten im Casinos-Akt: den ehemaligen Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP), der wegen seiner Tätigkeit als Casinos-Aufsichtsrat bereits früh zum Beschuldigten geworden ist und mit der Umfrage- und Inseratenaffäre gar nichts zu tun hat. Im Namen von Pröll beantragte Ainedter jedoch am 18. Oktober, die Beschwerde der Rechtsschutzbeauftragten einsehen zu können.
Diese war zu dieser Zeit noch nicht im Akt gewesen, die Tageszeitung Österreich hatte am 10. Oktober darüber berichtet. Ainedter sagt dazu, dass Rechtsverletzungen der WKStA für jeden Beschuldigten im Akt von Interesse seien. Zuletzt soll seine Kanzlei laut Oe24 auch Besuch von Kurz persönlich erhalten haben. Der Anwalt ist bestens vernetzt, er
kam schon in der Affäre rund um Chatnachrichten auf dem Smartphone des suspendierten JustizSektionschefs Christian Pilnacek vor. Dort unterhielten sich die beiden despektierlich über die WKStA.
Aicher, die betont, „keine Nähe zur ÖVP“zu haben, trat ihr Amt als Rechtsschutzbeauftragte erst am 1. April 2021 an. Zuvor sorgte die Personalie für Diskussionsstoff im Regierungsapparat. Den dürfte es jetzt wieder geben.