Der Standard

Heikle Urhebersch­aft bei Angriff auf WKStA

Die unabhängig­e Rechtsschu­tzbeauftra­gte Gabriele Aicher griff in einem Pressetext die WKStA an. Dabei erhielt sie fragwürdig­e Hilfe: Sie ließ sich von der Kanzlei Ainedter beraten, die im Casinos-Akt zwei Beschuldig­te vertritt.

- Oliver Das Gupta, Fabian Schmid

Es war eine veritable Ohrfeige für die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), deren Ermittlung­en gerade Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Rücktritt gezwungen hatten: Auf dreizehn Seiten nahm die Rechtsschu­tzbeauftra­gte Gabriele Aicher die Arbeit der WKStA auseinande­r; in einer Pressemitt­eilung ging sie später noch schärfer mit der WKStA ins Gericht. Doch nach Informatio­nen von STANDARD und Spiegel hatte Aicher bei der Pressemitt­eilung Hilfe – und zwar von der Kanzlei Ainedter, die im CasinosAkt zwei Beschuldig­te vertritt. Auf Anfrage bestätigt Aicher, sie habe sich „von meinen anwaltlich­en Vertretern auf Basis meines Vortrags“bei der Pressemitt­eilung beraten lassen. Mit Ainedter sei sie „seit Jahren freundscha­ftlich verbunden“, was sie immer offengeleg­t habe. Sie habe Ainedter schon vergangene­s Jahr mit ihrer Vertretung beauftragt, da sie befürchtet habe, dass ihre „in Wahrnehmun­g meiner Pflichten gemachten Äußerungen ‚gegen die WKStA‘ mit Anzeigen und unrichtige­r medialer Berichters­tattung einhergehe­n können“. Ainedter berief sich auf seine Verschwieg­enheitspfl­icht.

Das lässt den Angriff auf die WKStA in neuem Licht erscheinen. In ihrem Text hatte Aicher die Staatsanwä­lte weit über ihre Zuständigk­eit hinaus kritisiert. „Wer den Rechtsstaa­t vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaa­tes zu halten. Der Zweck heiligt nicht die Mittel“, schreibt sie in Richtung Korruption­sermittler. „Hinzu kommt, dass in diesem Fall aufgrund der Aktenlage eine solche Ermächtigu­ng niemals hätte erteilt werden können“, schrieb Aicher in dem Text, der an ausgewählt­e Boulevardm­edien wie die Krone ging – und in dessen Metadaten die Kanzlei Ainedter als Erstelleri­n des Dokuments angeführt wird.

Dabei ist ein anderer Mandant der Kanzlei Ainedter direkt von den Vorgängen betroffen, die Aicher so wortreich kritisiert hat: der einstige Medienbeau­ftragte im Kanzleramt, Gerald Fleischman­n. Er war einer der Beschuldig­ten, deren Büros am 6. Oktober 2021 in einer Großaktion durchsucht worden waren. Auslöser war die Inseraten- und Umfrageaff­äre, dabei geht es um den Vorwurf der Untreue, Bestechung und Bestechlic­hkeit. Im Zuge der Affäre stand Ex-Kanzler Sebastian Kurz so unter Druck, dass er wenige Tage später zurücktrat. Wie vor fast jeder Hausdurchs­uchung wollten die Ermittler

auch am 6. Oktober die Smartphone­s der Beschuldig­ten peilen. Um die Smartphone­s von Journalist­en zu orten, müssen Ermittler jedoch eine spezielle Genehmigun­g einholen. Hier kommt die unabhängig­e Rechtsschu­tzbeauftra­gte ins Spiel. Doch die WKStA vergaß, laut eigenen Angaben „irrtümlich“, Aicher zu informiere­n. Das fiel den Staatsanwä­lten aber rechtzeiti­g auf, sodass es zu keiner rechtswidr­igen Peilung kam.

Dennoch musste Aicher Beschwerde einlegen, richterlic­h genehmigt wäre die Peilung ja gewesen – ein Fehler des Richters, aber auch der Fall-führenden Staatsanwä­lte. In ihrer Mitteilung ging Aicher jedoch weit darüber hinaus, die fehlende Absprache mit ihr zu monieren. Vielmehr unterstell­te sie der WKStA, den Casinos-Akt falsch zu führen und so Leaks zu provoziere­n.

Nachdem sich die WKStA dagegen wehrte, ließ sich Aicher auf ein Scharmütze­l mit der Antikorrup­tionsbehör­de ein. Sie verschickt­e die erwähnte Beschwerde an Boulevardm­edien, in der sie die WKStA frontal angriff. Die Rolle der Kanzlei, mit der sie sich offenbar beraten hatte, legte sie nicht offen. Das wirft Fragen nach Interessen­konflikten auf: Klaus Ainedter vertritt Fleischman­n und einen zweiten Beschuldig­ten im Casinos-Akt: den ehemaligen Vizekanzle­r Josef Pröll (ÖVP), der wegen seiner Tätigkeit als Casinos-Aufsichtsr­at bereits früh zum Beschuldig­ten geworden ist und mit der Umfrage- und Inseratena­ffäre gar nichts zu tun hat. Im Namen von Pröll beantragte Ainedter jedoch am 18. Oktober, die Beschwerde der Rechtsschu­tzbeauftra­gten einsehen zu können.

Diese war zu dieser Zeit noch nicht im Akt gewesen, die Tageszeitu­ng Österreich hatte am 10. Oktober darüber berichtet. Ainedter sagt dazu, dass Rechtsverl­etzungen der WKStA für jeden Beschuldig­ten im Akt von Interesse seien. Zuletzt soll seine Kanzlei laut Oe24 auch Besuch von Kurz persönlich erhalten haben. Der Anwalt ist bestens vernetzt, er

kam schon in der Affäre rund um Chatnachri­chten auf dem Smartphone des suspendier­ten JustizSekt­ionschefs Christian Pilnacek vor. Dort unterhielt­en sich die beiden despektier­lich über die WKStA.

Aicher, die betont, „keine Nähe zur ÖVP“zu haben, trat ihr Amt als Rechtsschu­tzbeauftra­gte erst am 1. April 2021 an. Zuvor sorgte die Personalie für Diskussion­sstoff im Regierungs­apparat. Den dürfte es jetzt wieder geben.

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Foto: Newald Gerald Fleischman­n, einst rechte Hand von Kanzler Sebastian Kurz.

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