Höchste Ehre für ein Leben im Widerstand
Für ihren Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit wird die gebürtige US-Amerikanerin in ein Ehrengrab im Pariser Panthéon verlegt
Ihr Leben war ein Roman – der reich ist wie das Leben. In den goldenen Zwanzigern war Josephine Baker die „Königin der Dancehalls“von Paris. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete sie als Spionin für den französischen Widerstand; später kämpfte die Mutter von zwölf adoptierten Kindern an der Seite von Martin Luther King für die Bürgerrechte der Schwarzen.
All das verschafft ihr nun einen Platz im Pariser Panthéon, wo die großen Namen der Nation ruhen – Voltaire, Rousseau, Zola, Dumas. Am Dienstag wird Bakers „Asche“zumindest symbolisch von ihrem Friedhof in Monaco in den Heldentempel ob dem Quartier Latin überführt. Eine Petition hatte den Staatspräsidenten dazu aufgefordert, und in Zeiten von Black Lives Matter entsprach Emmanuel Macron sehr prompt dem Wunsch. Baker wurde 1906 in Saint-Louis im
US-Bundesstaat Missouri geboren. Ihre Mutter war afroamerikanischer und indigener Abstammung, ihr Vater spanisch-jüdischer Herkunft.
Früh kam Baker ins Showbusiness und rasch an den Broadway in New York. Mit einem Ensemble zu einer Europatournee gestartet, landete sie in Paris und dort in einer „Revue Nègre“, wie man damals sagte. Der Durchbruch erfolgte über Nacht: Ihre Bühnendarbietung wurde zum Stadtgespräch und alsbald zu einem Triumphzug bis nach Berlin, wo die Amerikanerin 1926 auftrat. Und wie sie auftrat!
Baker tanzte elektrisierend, während sich der Kopf nicht bewegte und die Augen schelmisch zwinkerten – das Ganze zu einer Mischung aus Afrotanz, Charleston und Hot Jazz der Roaring Twenties. Das hinderte sie nicht, selbstlos im Roten Kreuz auszuhelfen, als der Krieg ausbrach. In Paris, wo der deutsche Botschafter Otto Abetz ihrem Auftritt in der ersten Sitzreihe folgte, horchte sie Nazi-Besatzer aus. Mit unsichtbarer Tinte notierte sie alles in ihre Partituren, um sie persönlich außer Landes zu schmuggeln.
Nach 1945 erwarb die per Heirat eingebürgerte Französin das Schloss Les Milandes im Périgord. Mit zwölf adoptierten Kindern aus allen Weltgegenden lebten sie dort als multikulturelle Regenbogen-Sippe, wie sie sagte. 1963 nahm Baker an mehreren Bürgerrechtsmärschen der Afroamerikaner teil; an der Großkundgebung in Washington, bei der Martin Luther King sein berühmtes „I have a dream“deklamierte, sprach sie als einzige Frau vor 250.000 Menschen.
Die 1975 gestorbene Künstlerin ist die erste Schwarze und erst die sechste Frau, die unter der antiquierten Panthéon-Devise „das Vaterland dankt den großen Männern“ruhen wird. Zur Begründung ließ das Elysée in einem feierlichen Communique verlauten, Baker habe sich „für die Freiheit und die Emanzipation“
eingesetzt, und dies nicht nur als Widerstandskämpferin, sondern auch als „unermüdliche Antirassismus-Aktivistin“.
Weniger diskutiert wird die Ambivalenz, die dem Fall Baker zeitlebens anhaftete. Er ist verwirrend paradox: Bevor die unerschrockene Mittvierzigerin offen gegen den Rassismus anzutreten begann und in Miami wegen der dortigen Segregation einen Auftritt verweigerte, hatte sie auf den Pariser Bühnen selber billigste Rassenklischees transportieren müssen.
Die Kostümbildner ihrer Tanzshows erlegten Baker Lendenschürze aus Bananen auf und zwangen sie, oben ohne aufzutreten. Baker wehrte sich gegen diese erniedrigenden Auflagen. Letztlich hatte sie aber keine andere Wahl, als bei ihren Auftritten selber dem Bild der „nackten Wilden“zu entsprechen. Mit der posthumen Verlegung ins Panthéon erfährt die große Entertainerin nun eine späte Genugtuung.