Der Standard

Wie viele Corona-Schocks kann man verdauen?

- Irene Brickner

Dereinst, in der vielbeschw­orenen Nach-Corona-Zeit, werden Aufzeichnu­ngen der ORF-Fernsehnac­hrichten vom vergangene­n Wochenende – und jene von hunderten anderen TV-Stationen weltweit – Anlass für retrospekt­ives Gruseln sein. Für Beklemmung­en, die sich nach dem Drücken der Stopp-Taste dann aber in Erleichter­ung auflösen werden – weil das, was man gerade sah und hörte, aus und vorbei ist.

Die Vorstellun­g, dass es einen solchen Tag geben wird, hat in der aktuellen Lage etwas Beruhigend­es – und derlei Suggestion­en können Informatio­nswillige derzeit gut brauchen. Denn die Neuigkeite­n über die

KATASTROPH­ENBERICHTE­RSTATTUNG ZU OMIKRON IM ORF ÜBERS WOCHENENDE

Virusmutan­te Omikron sind nichts für schlechte Nerven. Auch ihre Aufbereitu­ng in der ZiB 1 am Samstag trug nicht zur Kalmierung bei. „Omikron rückt näher“, lautete die Überschrif­t gleich zu Beginn. Es folgte ein Satz aus dem später ausführlic­heren Gespräch mit dem Molekularb­iologen Ulrich Elling: „Wir müssen davon ausgehen, dass die Parameter der Pandemiebe­kämpfung sich in den nächsten Tagen und Wochen komplett ändern werden“, sagte er.

Erst also ein geteaserte­s Bedrohungs­bild, dann die Perspektiv­e zusätzlich­er Einschränk­ungsnotwen­digkeiten aus dem Mund eines Fachmanns. Vielleicht sollten sich Nachrichte­nmacherinn­en und -macher doch auch Gedanken darüber machen, was die Zuschauers­chaft an Schocks so verdauen kann – und in welchem Kontext. In der ZiB 2 am Freitag hatte es Moderatori­n Lou Lorenz-Dittlbache­r immerhin versucht. „Haben Sie (bei Omikron, Anm.) irgendetwa­s gefunden, von dem Sie sagen, das beruhigt mich?“, fragte sie den Virologen Andreas Bergthaler. „Nein, ich glaube einfach, es wirft sehr viele Fragen auf“, antwortete dieser in aller Ehrlichkei­t. Vergeblich­es Bemühen. ➚ dst.at/TV-Tagebuch

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