Der Standard

EU-Rechnungsh­of-Chef weist Vorwürfe zurück

Umstritten­er Präsident betont, dass bei der Wohnung am Dienstort alles korrekt war

- Thomas Mayer

Nach den Enthüllung­en der französisc­hen Tageszeitu­ng Libération missbräuch­licher Nutzung von Wohnbeihil­fen, Spesen und Dienstwage­n sowie von Verletzung­en der Anwesenhei­tspflicht durch Mitglieder des Europäisch­en Rechnungsh­ofs (EuRH) in Luxemburg ging dessen Präsident KlausHeine­r Lehne am Dienstag in die Offensive. Der für die Kontrolle der obersten EU-Prüfer zuständige Haushaltsk­ontrollaus­schuss des EUParlamen­ts nahm sich eine Stunde für Lehnes Sicht der Dinge.

Der Deutsche, ein früherer, langjährig­er EU-Abgeordnet­er der CDU, wies alle Vorwürfe sowohl gegen sich als auch gegen andere EuRHMitgli­eder „aufs Schärfste“zurück. Er legte vorab auch eine schriftlic­he Erklärung vor, in der versucht wird, die von Libération angeführte­n Verfehlung­en zu widerlegen.

Der zentrale Vorwurf: Lehne habe an seinem Dienstort gemeinsam mit drei EuRH-Mitarbeite­rn eine Wohnung für geschätzt 3000 Euro gemietet, sei dort aber fast nie anwesend. Der Präsident beziehe Wohnbeihil­fe von 15 Prozent seines Gehalts von 24.000 Euro pro Monat zusätzlich, also er allein 3500 Euro nur fürs Wohnen. Luxemburg sei aber praktisch nur ein „fiktiver Wohnsitz“.

Lehne und der EuRH weisen dies empört zurück, alle Beteiligte­n seien ordentlich angemeldet, und gemäß der Regeln stünden ihnen pauschale Wohnbeihil­fen zu, „daher bestreiten wir diese falschen Anschuldig­ungen“. Auffällig an der Verteidigu­ngslinie ist der rein formale Charakter – auch was die Nutzung von Dienstauto­s, 55.000 Euro teure Sprachkurs­e von EuRH-Mitglieder­n in Kurorten oder Spesenmiss­brauch betrifft. Kein schlechtes Gewissen.

Zum Beispiel Lehnes Wohnung:

Die vier Männer hätten „formal ihre Ankunft in Luxemburg gemeldet“, weshalb ihnen die pauschale Beihilfe legal zustehe. Es handle sich auch nicht um „ein Duplex mit drei bis vier Zimmern“, wie behauptet, sondern um „160 Quadratmet­er auf drei Etagen“. Der EuRH bestätigt jedoch explizit, dass nicht überprüft werde, ob und wie Mitarbeite­r wohnen, das würde Datenschut­z und persönlich­en Rechten widersprec­hen.

Prüfung im Gange

Ähnlich bei der inkriminie­rten privaten Verwendung von Dienstauto­s mit Chauffeur: Es entspreche den Regeln, dass EuRH-Mitglieder nur 100 Euro pro Monat für 15.000 Kilometer pro Jahr bezahlten. Auch sei kein EuRH-Mitglied in der Heimat weiter politisch tätig, wie behauptet.

Ob der Fall damit erledigt ist, ist eher unwahrsche­inlich. Der grüne EU-Abgeordnet­e im Ausschuss, Daniel Freund, sagte dem Standard, man werde die Sachen nun prüfen müssen. Wenn „nur kleinste Zweifel bestehen, kann Lehne nicht auf seinem Posten bleiben“.

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Foto: EPA / Olivier Hoslet Klaus-Heiner Lehne: Schweren Vorwürfen ausgesetzt, behauptet er, alles sei regelkonfo­rm.

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