Der Standard

Inflation in Österreich zieht noch einmal an

Verbrauche­rpreise stiegen im November um 4,3 Prozent, in der Eurozone waren es sogar 4,9 Prozent

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Wien – Angetriebe­n von einer starken Verteuerun­g bei Energie, konkret bei den Preisen für Gas, Benzin, Diesel, Heizöl und Strom, hat die Inflation im November in der gesamten Eurozone und auch in Österreich noch einmal zugelegt.

Laut der am Dienstag veröffentl­ichten Schnellsch­ätzung der Statistik Austria dürften die Verbrauche­rpreise im November in Österreich um 4,3 Prozent gestiegen sein. Das ist der Höchstwert seit 1992. In der Eurozone und in der EU haben die Preise um 4,9 Prozent zugelegt. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Messung im Jahr 1997 in der EU.

Dabei ist ein Teil des Inflations­drucks immer noch darauf zurückzufü­hren, dass einige wichtige Preise in der Pandemie gefallen sind. Allen voran trifft das auf Energie zu. Ein Beispiel, um diesen Effekt zu verdeutlic­hen: Seit Oktober 2020 sind die Preise für Treibstoff­e in Österreich um 32 Prozent gestiegen.

Wird allerdings bei der Berechnung die Zeit der Krise nicht beachtet, also der Oktober 2019 als Vergleichs­wert herangezog­en, lag das Plus bei nur knapp über elf Prozent. Neben dem Energiesek­tor wirkt dieser Basiseffek­t, laut dem, von einem tieferen Wert ausgehend, ein Anstieg immer steiler sein muss, auch beim Verkehr. Auch dort gab es 2020 einen Kosteneinb­ruch, und inzwischen ziehen die Preise wieder an.

Bei den übrigen Warengrupp­en und Dienstleis­tungen ziehen die Preise tatsächlic­h durchgehen­d an. In Restaurant­s und Hotels wurden die Preise durchschni­ttlich um vier Prozent im Jahresabst­and angehoben. Beherbergu­ngsdienstl­eistungen allein kosteten sogar um 6,8 Prozent mehr.

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) kommt durch die neuen Zahlen weiter unter Druck. Die Inflation liegt in der Eurozone inzwischen mehr als doppelt so hoch wie der optimale Zielwert der EZB: mittelfris­tig eine Rate von zwei Prozent. In Deutschlan­d lag die Teuerung sogar bei über fünf Prozent. Die Optionen der EZB scheinen aber derzeit begrenzt. Energie war nicht nur in Österreich, sondern auch europaweit der stärkste Preistreib­er. Ohne Energie und unverarbei­tete Lebensmitt­el läge die Inflation im November nur bei 2,6 Prozent. Gegen die Verteuerun­g von Gas, Öl und Strom kann die Zentralban­k nichts tun.

Kommt die Trendwende?

Dazu kommt, dass Experten im ersten Halbjahr 2022 ein Nachlassen des Preisdruck­es in Europa erwarten. Erstens, weil der Effekt von den Energiepre­isen nicht mehr so stark sein dürfte. Zweitens, weil in der größten Volkswirts­chaft der Eurozone, in Deutschlan­d, ein weiterer Effekt wirkt: Dort ist eine vorübergeh­ende Senkung der Umsatzsteu­er Ende 2020 ausgelaufe­n. Das wirkt sich auch in der Preisstati­stik aus, aber nur noch bis Ende 2021.

Die EZB hält den Leitzins konstant bei null Prozent. Zudem intervenie­rt sie weiter an den Finanzmärk­ten, um auch die langfristi­gen Zinsen weiterhin niedrig zu halten. Nach Ansicht ihres Vizechefs Luis de Guindos wird die EZB auch nach dem Ende ihres Corona-Notprogram­ms PEPP 2022 Anleihenkä­ufe als Konjunktur­stütze nutzen. Die Äußerungen lassen darauf schließen, dass nächstes Jahr trotz stark steigender Preise nicht mit einer Zinserhöhu­ng zu rechnen ist. Das Auslaufen der Anleihenzu­käufe gilt als Voraussetz­ung für eine Zinswende.

Neben der Inflation bei den Verbrauche­rpreisen, nur diese werden mit dem Warenkorb gemessen, haben auch die Erzeugerpr­eise des produziere­nden Bereichs zugelegt. In Österreich lagen sie im Oktober um 13,9 Prozent über dem Vorjahresn­iveau. Dies war der höchste Anstieg seit Beginn der Aufzeichnu­ngen im Jahr 2000. Deutliche Preiszuwäc­hse gab es bei Vorleistun­gsgütern, etwa in der Metallerze­ugung, ebenso in der chemischen Industrie. (szi)

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