„Wir kämpfen, wir machen, wir leiden“
Wie ist die Situation in den Krankenhäusern? Im STANDARDForum haben sich Posterinnen und Poster zu Wort gemeldet.
Perspektive Pflegedirektor eines Hauses mit 600 Betten: Unsere MitarbeiterInnen waren im April schon erschöpft. Die dritte Welle zu bewältigen und gleichzeitig einen regulären Krankenhausbetrieb aufrechtzuerhalten, hat alles an Energie gekostet, die vorhanden war. Die Hoffnung auf „danach haben wir es geschafft“hat es ermöglicht, nochmals zusammenzustehen und zu helfen.
Jetzt ist Herbst, die Situation ist schlimmer als 2020, die Kraft ist weniger und die Personaldecke auf Grund der letzten beiden Jahre wesentlich dünner.
Wir kämpfen, wir machen, wir leiden. Wir wissen nicht, ob wir es schaffen, und diese Perspektive hat etwas unheimlich Beängstigendes, da ich dieses Gefühl weder von mir noch von unseren MitarbeiterInnen kenne, denn in der Regel funktionieren wir. Es ist bedrückend und düster! Poster „Kirian“
Um auch mal etwas Positives (Galgenhumor) zu erwähnen: eine chirurgische Tracheotomie habe ich früher eher selten durchgeführt, seit Corona (ist das, Anm.) ein Standardeingriff geworden. (...) Als Chirurgin erlebe ich ja im Rahmen einer Tracheotomie ja nur intubierte, also schlafende Personen. Was ich auf der Notaufnahme letztes Jahr erlebt habe, werde ich nie vergessen, und zwar die Angst in den Augen von sich respiratorisch erschöpfenden Personen. Die Angst und Panik aufgrund der Atemnot, und die Erleichterung, wenn das Intensiv-/Anästhesiepersonal kam, um zu intubieren.
Posterin „rabbit heart“
Anästhesiologie. Unsere Intensivstation ist mittlerweile ein reifer Job für vier (!) Intensivmediziner, Ecmos laufend. Mit Kapazitätsreserven wird’s gerade grotteneng, fast alle Patienten nicht geimpft, der Wellenkamm ist noch nicht er
reicht. Alle, Pflege und Ärzte, arbeiten heftig, ich bin herzlich froh, dass wir unglaublichen Teamgeist haben. Was wunderbar aufmuntert: wir bekommen viele herzliche Briefe von Angehörigen, Patienten und deren Kindern. Poster „Micha Do“
Habe sechs Monate auf einer CoronaStation als Arzt gearbeitet. Das Ganze war körperlich sowie psychisch für mich sehr belastend. Jeden Tag mit anzusehen, wie es vielen Patienten immer schlechter geht, ohne wirklich was dagegen tun zu können, ist echt schwer. Bei vielen kennt man das Outcome bereits nach wenigen Tagen. Was mir wichtig ist und was meiner Meinung nach zu wenig erwähnt wird, ist die abnorme Leistung des Pflegepersonals. Sowohl jenes auf der Normal als auch auf der ICU (Intensivstation, Anm.). Jeden Tag mit voller Schutzausrüstung die Patienten zu pflegen ist eine Leistung auf einem anderen Level. Ich ziehe meinen Hut und sage Danke! Poster „Coyote1337“
Die Durchseuchung von Covid in der Pädiatrie nimmt zu. Wir können Verdachtsfälle größtenteils nicht mal isoliert aufnehmen, positive Patienten (ungeimpfte Eltern) schweben wie ein ständiges Damoklesschwert über einem.
Poster „realo realdin“
DGKP im Hygieneteam. Normalerweise 40-Stunden-Woche, jetzt immer zwischen 50 und 60. Schwer zu sagen, welche „Welle“schwieriger war. Einerseits war die erste, zweite Welle heftig, weil noch vieles nicht klar war im Bezug auf SarsCoV-2 und das Dilemma mit der Schutzausrüstung, aber man konnte subjektiv noch etwas ausrichten (Schulungen, Wissensvermittlung). Die vierte Welle ist für mich persönlich am schlimmsten, andauernde leidliche Diskussionen bezüglich der Impfung, immer wieder neue falsche Gerüchte aus dem Weg räumen (...), nur um dann wieder mit den Worten „das stimmt alles nicht, so und so viele Geimpfte liegen auch auf der Intensiv“abgespeist zu werden. Es ist traurig. Allen Kolleginnen und Kollegen viel Kraft! ➚ Alle Postings erschienen im Mitreden „Arbeiten im Krankenhaus: Berichten Sie von Ihrer Situation!“derStandard.at/Diskurs Stimmen aus dem Forum werden in dieser Woche auch als Podcast erscheinen. derStandard.at/Podcast