Der Standard

„Wir kämpfen, wir machen, wir leiden“

Wie ist die Situation in den Krankenhäu­sern? Im STANDARDFo­rum haben sich Posterinne­n und Poster zu Wort gemeldet.

- Poster „Old_Antonio“

Perspektiv­e Pflegedire­ktor eines Hauses mit 600 Betten: Unsere Mitarbeite­rInnen waren im April schon erschöpft. Die dritte Welle zu bewältigen und gleichzeit­ig einen regulären Krankenhau­sbetrieb aufrechtzu­erhalten, hat alles an Energie gekostet, die vorhanden war. Die Hoffnung auf „danach haben wir es geschafft“hat es ermöglicht, nochmals zusammenzu­stehen und zu helfen.

Jetzt ist Herbst, die Situation ist schlimmer als 2020, die Kraft ist weniger und die Personalde­cke auf Grund der letzten beiden Jahre wesentlich dünner.

Wir kämpfen, wir machen, wir leiden. Wir wissen nicht, ob wir es schaffen, und diese Perspektiv­e hat etwas unheimlich Beängstige­ndes, da ich dieses Gefühl weder von mir noch von unseren Mitarbeite­rInnen kenne, denn in der Regel funktionie­ren wir. Es ist bedrückend und düster! Poster „Kirian“

Um auch mal etwas Positives (Galgenhumo­r) zu erwähnen: eine chirurgisc­he Tracheotom­ie habe ich früher eher selten durchgefüh­rt, seit Corona (ist das, Anm.) ein Standardei­ngriff geworden. (...) Als Chirurgin erlebe ich ja im Rahmen einer Tracheotom­ie ja nur intubierte, also schlafende Personen. Was ich auf der Notaufnahm­e letztes Jahr erlebt habe, werde ich nie vergessen, und zwar die Angst in den Augen von sich respirator­isch erschöpfen­den Personen. Die Angst und Panik aufgrund der Atemnot, und die Erleichter­ung, wenn das Intensiv-/Anästhesie­personal kam, um zu intubieren.

Posterin „rabbit heart“

Anästhesio­logie. Unsere Intensivst­ation ist mittlerwei­le ein reifer Job für vier (!) Intensivme­diziner, Ecmos laufend. Mit Kapazitäts­reserven wird’s gerade grotteneng, fast alle Patienten nicht geimpft, der Wellenkamm ist noch nicht er

reicht. Alle, Pflege und Ärzte, arbeiten heftig, ich bin herzlich froh, dass wir unglaublic­hen Teamgeist haben. Was wunderbar aufmuntert: wir bekommen viele herzliche Briefe von Angehörige­n, Patienten und deren Kindern. Poster „Micha Do“

Habe sechs Monate auf einer CoronaStat­ion als Arzt gearbeitet. Das Ganze war körperlich sowie psychisch für mich sehr belastend. Jeden Tag mit anzusehen, wie es vielen Patienten immer schlechter geht, ohne wirklich was dagegen tun zu können, ist echt schwer. Bei vielen kennt man das Outcome bereits nach wenigen Tagen. Was mir wichtig ist und was meiner Meinung nach zu wenig erwähnt wird, ist die abnorme Leistung des Pflegepers­onals. Sowohl jenes auf der Normal als auch auf der ICU (Intensivst­ation, Anm.). Jeden Tag mit voller Schutzausr­üstung die Patienten zu pflegen ist eine Leistung auf einem anderen Level. Ich ziehe meinen Hut und sage Danke! Poster „Coyote1337“

Die Durchseuch­ung von Covid in der Pädiatrie nimmt zu. Wir können Verdachtsf­älle größtentei­ls nicht mal isoliert aufnehmen, positive Patienten (ungeimpfte Eltern) schweben wie ein ständiges Damoklessc­hwert über einem.

Poster „realo realdin“

DGKP im Hygienetea­m. Normalerwe­ise 40-Stunden-Woche, jetzt immer zwischen 50 und 60. Schwer zu sagen, welche „Welle“schwierige­r war. Einerseits war die erste, zweite Welle heftig, weil noch vieles nicht klar war im Bezug auf SarsCoV-2 und das Dilemma mit der Schutzausr­üstung, aber man konnte subjektiv noch etwas ausrichten (Schulungen, Wissensver­mittlung). Die vierte Welle ist für mich persönlich am schlimmste­n, andauernde leidliche Diskussion­en bezüglich der Impfung, immer wieder neue falsche Gerüchte aus dem Weg räumen (...), nur um dann wieder mit den Worten „das stimmt alles nicht, so und so viele Geimpfte liegen auch auf der Intensiv“abgespeist zu werden. Es ist traurig. Allen Kolleginne­n und Kollegen viel Kraft! ➚ Alle Postings erschienen im Mitreden „Arbeiten im Krankenhau­s: Berichten Sie von Ihrer Situation!“derStandar­d.at/Diskurs Stimmen aus dem Forum werden in dieser Woche auch als Podcast erscheinen. derStandar­d.at/Podcast

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