Der Standard

„Vergiftete Stimmung“in der Justiz

Mit der Abwerbung einer Oberstaats­anwältin der WKStA gelang der Kanzlei Ainedter ein PR-Coup: vor allem weil diese sich mit harscher Kritik an der Justiz zitieren ließ. Dienstrech­tliche Konsequenz­en wird das nicht haben.

- Fabian Schmid, Renate Graber

Der Wechsel der WKStA-Oberstaats­anwältin Linda Poppenwimm­er in die Kanzlei Ainedter & Ainedter sorgt weiter für Aufregung. Vor allem weil sich Poppenwimm­er in einer Pressemitt­eilung der Kanzlei öffentlich­keitswirks­am über ihre Sicht auf die Justiz ausließ. Sie könne selbiger nicht mehr „dienen“, weil die „staatsanwa­ltschaftli­che Arbeit zunehmend durch ein vergiftete­s und von Freund-FeindDenke­n bestimmtes Klima ub̈ erlagert“werde, ließ sie wissen. Das Pikante an ihrer Kritik: Poppenwimm­er ist noch bis 15. Dezember aktiv in der Justiz, ab dann wird sie für ein Jahr karenziert, um quasi auf der anderen Seite, in einer Anwaltskan­zlei, zu dienen. „Exotisch“sei das, sagen Justizkenn­er – und sie dürften recht haben.

Zuständig für Poppenwimm­ers Karenzieru­ng ist die Oberstaats­anwaltscha­ft (OStA) Wien. Dort will ein Sprecher zum konkreten Fall nichts sagen, er verweist nur auf das Beamtendie­nstrechtsg­esetz, in dem es heißt: „Karenzurla­ub kann gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstlich­e Gründe entgegenst­ehen.“Solche habe es nicht gegeben. Dem Vernehmen nach war der Dienstbehö­rde zum Zeitpunkt der Genehmigun­g der Karenzieru­ng nicht bekannt, wohin Poppenwimm­er wechseln wolle.

Innerhalb der Justiz schlagen die Wellen der Empörung trotzdem hoch. Die Vereinigun­g der Staatsanwä­lte verkündete in einer Aussendung: „Wogegen wir uns jedoch wehren, sind unsachlich­e Angriffe und Unterstell­ungen, wobei insbesonde­re der Vorwurf politisch motivierte­n Handelns unser Selbstvers­tändnis tief erschütter­t.“Ob die Äußerungen der Staatsanwä­ltin disziplina­rrechtlich­e Folgen zeitigen werden, wie da und dort vermutet? Offenbar nicht. Dem Vernehmen nach sind auch die Experten im Justizmini­sterium der Rechtsansi­cht, dass Poppenwimm­ers Justizsche­lte noch im Rahmen der freien Meinungsäu­ßerung liege.

Das Justizmini­sterium verwies auf Anfrage des STANDARD auf die Zuständigk­eit der OStA Wien für die Karenzieru­ng, während der die Person „selbstvers­tändlich nach ihrem Wechsel weiterhin dem Amtsgeheim­nis“unterliege.

Das ist insofern von Relevanz, als die Kanzlei Ainedter auch für Beschuldig­te in Causen tätig ist, in denen die WKStA ermittelt. Poppenwimm­er war einst Richterin, wechselte im Jänner 2017 zunächst zur Staatsanwa­ltschaft Wien, im Juli 2019 „gemeinsam“mit den Eurofighte­r-Ermittlung­en zur WKStA. Die hatten das Verhältnis zwischen WKStA und Vorgesetzt­en zum Kippen gebracht, was das Transkript einer Dienstbesp­rechung vom 1. April 2019 zeigte. Poppenwimm­er soll sich auch in der WKStA mit dieser Causa beschäftig­t haben, dem Vernehmen nach war sie mit einer Art von „Fehlersuch­e“beschäftig­t. Vor kurzem wurde ein Großteil der Causa eingestell­t.

Vor sechs Monaten wechselte die Juristin erneut, sie wurde der Generalpro­kuratur dienstzuge­teilt. Dem Vernehmen nach machte sie sich Hoffnungen auf eine Karriere in der Behörde. Dort war auch Gabriele Aicher tätig gewesen, bevor sie zur Rechtsschu­tzbeauftra­gten ernannt worden war. Ainedter hatte Aicher, mit der er seit Jahren freundscha­ftlich verbunden ist, bei der Erstellung einer Pressemitt­eilung beraten. In der hatte sich Aicher kritisch über die WKStA ausgelasse­n. Aicher und Poppenwimm­er sollen dem Vernehmen nach gut befreundet sein.

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Manfred Ainedter verkündete einen Neuzugang seiner Kanzlei, was medienwirk­sam zum Angriff auf die Justiz genutzt wurde.

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