Der Standard

Der letzte Cha-Cha-Cha in Dankbarkei­t

- Colette M. Schmidt

Auf den Schritt zur Seite folgt ein Schritt zurück. So wie man sonst einen Cha-Cha-Cha beginnt, beendete Sebastian Kurz am Donnerstag seine politische Karriere. Einmal noch gab es eine Sondersend­ung im ORF, wo der Alt-Kanzler und Noch-ÖVP-Chef den Bürgerinne­n und Bürgern erzählte, wie dankbar er sei, mit 35 auf zehn Jahre Dienst an der Republik zurückblic­ken zu dürfen.

Dafür gab es mitten im Lockdown auch reichlich Sendezeit. Klar, es geht ja nicht um irgendwen, und die Menschen können mitten im neuerliche­n Lockdown schon auch ein bisschen Zerstreuun­g gebrauchen.

„ZIB SPEZIAL“ZU SEBASTIAN KURZ’ RÜCKZUG AUS DER POLITIK IN ORF 2

Apropos Lockdown: Zur angeblich im Sommer von ihm beendeten Pandemie sagte Sebastian Kurz bemerkensw­ert wenig. Aber er räumte Fehlentsch­eidungen ein. Auf der anderen Seite: „Kleine Pensionen ein Stück weit zu erhöhen und kleine Einkommen zu entlasten“– das alles sei für ihn „die Ehre meines Lebens“gewesen. Bescheiden stellte der baldige Ex-Politiker auch fest: „Ich bin weder ein Heiliger noch ein Verbrecher.“

Auf den Tag, wo er Letzteres vor Gericht beweisen könne, freue er sich, ergänzte Kurz. Dass er sich in den letzten Jahren nicht genug um seine Familie kümmern konnte (nein, die andere), will er nun, da seine Flamme der Begeisteru­ng für die Politik nicht mehr so heiß brenne, ändern.

Antworten auf Nachfragen von Journalist­en? Fehlanzeig­e. Die könnten ja auch ein bisschen dankbar sein, dass sie dabei sein durften, als der jüngste Kanzler aller Zeiten Bilanz zog. Seine abschließe­nden Worte: „Ich werde jetzt aufbrechen und meinen Sohn und meine Freundin aus dem Spital abholen.“

derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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