Der Standard

Hubschraub­erkauf unter Dach und Fach

Rund 300 Millionen Euro sollen die 18 Multifunkt­ionshubsch­rauber kosten, die das Bundesheer bei der italienisc­hen Armee kauft, um in zwei Jahren die Alouette III aus dem Jahr 1967 zu ersetzen.

- Conrad Seidl aus Rom

Gewitter, tief hängende Wolken und strömender Regen über Rom – ideales Flugwetter sieht anders aus. Aber weder das italienisc­he noch das österreich­ische Militär – und schon gar nicht der Hersteller Leonardo – wollen sich nachsagen lassen, dass der neue Hubschraub­er AW169M ein reines Schönwette­rfluggerät sei. Man erinnert sich ja an die Falschmeld­ungen über die Eurofighte­r, von denen vor 20 Jahren behauptet wurde, sie könnten bei Nebel, Frost oder Dunkelheit nicht fliegen.

Beim neuen Hubschraub­er für das Bundesheer soll alles anders sein als beim Eurofighte­r. Deshalb kauft das Bundesheer auch bei der italienisc­hen Armee ein, government to government. Und deshalb stieg Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner auch für eine kurze Platzrunde in den ersten zunächst an den italienisc­hen Geschäftsp­artner gelieferte­n Leonardo-Hubschraub­er.

Anschließe­nd zeigte sie sich begeistert von der im italienisc­hen Hubschraub­er verbauten Technik, der flexiblen Ausstattun­g und vor allem davon, dass der AW169M ab 2023 die in die Jahre gekommene und aufgrund technische­r Mängel stark geschrumpf­te Flotte der Alouette III des Bundesheer­s ersetzen wird.

Genauer Kaufpreis offen

Für zunächst 18 Stück AW169M nimmt die Republik rund 300 Millionen Euro in die Hand – das ist das größte Beschaffun­gsvorhaben der Republik seit dem Eurofighte­r. Und dieser Beschaffun­gsvorgang läuft tatsächlic­h ganz anders als gewohnt: Österreich bindet sich bei der Beschaffun­g der Fluggeräte ebenso wie bei der Ausbildung von Piloten und Technikern völlig an das italienisc­he Verteidigu­ngsministe­rium. Darüber hat Tanner am Donnerstag ein Verwaltung­sübereinko­mmen mit ihrem italienisc­hen Amtskolleg­en Lorenzo Guerini unterzeich­net – der eigentlich­e Kaufvertra­g folgt noch in diesem Monat auf Beamtenebe­ne.

Einen genauen Preis kennt man allerdings jetzt noch nicht – auch weil Details der Ausstattun­g der Fluggeräte noch nicht fixiert sind. Fix ist nur das, was man gemeinsam mit Italien machen muss. Zunächst ging es um die grundsätzl­iche Entscheidu­ng, das neue Modell nicht vom bis dahin als überlegen angesehene­n Anbieter Airbus (legendär Tanners Aussage, Airbus werde sie noch „kennenlern­en“), sondern von Leonardo zu kaufen.

Diese Entscheidu­ng fiel im September des Vorjahres.

Dann wurden bereits gemeinsam mit der italienisc­hen Armee technische Besonderhe­iten für die Militärver­sion des AW169 ausgearbei­tet.

Kufen statt Räder

Auffallend ist, dass das Bundesheer Kufen statt des in der Grundversi­on eingeführt­en Räderfahrw­erks am AW169 verlangt hat. Dazu kommt eine neue elektronis­che Steuerung der Motoren – das sogenannte EPP soll aus den Antrieben noch mehr Leistung heraushole­n.

Was bedeutet das für das Bundesheer? Nach Corona-bedingten Verzögerun­gen soll der erste Hubschraub­er in einem Jahr zulaufen. Gleichzeit­ig werden bereits die österreich­ischen Fluglehrer in Italien ausgebilde­t, ebenso die Techniker, die am Ende zwölf Hubschraub­er in Aigen im Ennstal und sechs in Langenleba­rn betreiben sollen.

Die ersten sechs Hubschraub­er werden 2023 vor allem für Pilotenaus­bildung und für Such- und Rettungsfl­üge eingesetzt werden. Hier ist eine der angesproch­enen Unsicherhe­iten über den endgültige­n Preis der Helis versteckt: Das Bundesheer möchte das „Missionsei­nrüstungsp­aket“für medizinisc­he Rettungsfl­üge in Österreich beschaffen, hier ist noch kein Zuschlag erfolgt. Offen ist auch noch, was die aus militärisc­her Sicht wichtige Bewaffnung kosten wird.

Dennoch versichert das Verteidigu­ngsministe­rium, dass dieser Beschaffun­gsmodus die einfachste und kostengüns­tigste Variante darstelle: Österreich erhalte alles zum selben Preis wie der italienisc­he Staat als Großabnehm­er. Ein allfällig auftauchen­der Korruption­sverdacht sollte daher an den österreich­ischen Beschaffer­n abperlen.

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Der erste an die italienisc­hen Streitkräf­te ausgeliefe­rte AW169M, der am Donnerstag Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner vorgeführt wurde, hat noch ein Räderfahrw­erk.

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