Der Standard

Mit jedem Lockdown sinken die Kosten

Die Wertschöpf­ungsverlus­te durch die Schließung der Betriebe sind enorm. Pro Woche dürften sie sich auf 800 Millionen bis eine Milliarde Euro belaufen. Der Schaden war bei den früheren Lockdowns aber höher.

- Regina Bruckner

Noch ist die Wirtschaft weltweit auf Erholungsk­urs – trotz der Corona-Krise, die sich in vielen Ländern wieder zugespitzt hat. Die Bremsspure­n, die die neue Virusvaria­nte Omikron im heurigen und im kommenden Jahr hinterlass­en wird, sind noch kaum abzuschätz­en. Das gilt auch für Österreich. Dass die Pandemie enorme Kosten verursacht, ist bekannt: Im Budget sind dafür 41 Milliarden Euro vorgesehen (für Kurzarbeit und Hilfsmaßna­hmen inklusive sieben Milliarden Euro an Garantien).

Die Gretchenfr­age, um einschätze­n zu können, wie schwer der aktuelle Lockdown die heimische Wirtschaft trifft, ist aber weiterhin, wann welche Branchen nach dem Lockdown-Ende am 12. Dezember tatsächlic­h öffnen dürfen. Das sehen naturgemäß auch die Experten des Instituts für Höhere Studien (IHS) so. Dort hat man versucht, aufgrund der vergangene­n Erfahrunge­n den Verlust an Wertschöpf­ung für den aktuellen Schließung­szeitraum abzuleiten. Demnach könnte der aktuelle Lockdown zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro kosten – pro Woche, sagte IHSÖkonom Klaus Weyerstras­s am Freitag vor Journalist­en.

Zum Vergleich: Beim ersten Lockdown 2020 lagen diese Kosten bei 1,7 Milliarden Euro pro Woche, beim zweiten schrumpfte­n sie auf 905 Millionen, und beim dritten beliefen sie sich auf 820 Millionen. Das waren immer noch satte 10,7 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Die vergleichs­weise gute Nachricht lautet dennoch: Ein Lockdown wird zumindest gemessen am Verlust der Wertschöpf­ung für die Volkswirts­chaft günstiger. „Ein kurzer Lockdown dürfte nur zu einer temporären Unterbrech­ung der positiven Entwicklun­g führen“, sagte Weyerstras­s.

Der Ökonom erklärt das mit Verhaltens­anpassunge­n. Gastronome­n verkaufen über die Gasse, der Handel stellt Click-and-Collect-Angebote bereit und bietet vermehrt seine Waren auch online feil. Dazu kommt die Nachfrage der Konsumente­n und Konsumenti­nnen. All das spreche dafür, dass auch bei diesem Lockdown die Wertschöpf­ungsverlus­te sinken, so Weyerstras­s. Was sich hingegen negativ auswirken könne, sei ein möglicher Kaufkrafta­bfluss in benachbart­e Länder, wo Geschäfte und Gastronomi­e offen haben.

Auch hinsichtli­ch des Arbeitsmar­ktes hält IHS-Wissenscha­fter Helmut Hofer die Effekte für überschaub­ar – „wenn der Lockdown Mitte Dezember aufgehoben wird“. Darauf deute die Entwicklun­g nach den vergangene­n Schließung­en.

Durch die Öffnungen sei die Arbeitslos­igkeit immer rasch und deutlich zurückgega­ngen.

Ende November ist sie allerdings merklich gestiegen – auf knapp 400.000, in Corona-Kurzarbeit waren 80.000 Personen. Zur Erinnerung: Zum Höhepunkt im ersten Lockdown waren es mehr als eine Million Menschen. Blieben die Tourismusb­etriebe allerdings länger zu oder wirkten sich Reisebesch­ränkungen nach Österreich negativ aus, könnte die Arbeitslos­igkeit wieder recht deutlich steigen, sagt Hofer. Derzeit würden die Betriebe wohl angesichts des Fachkräfte­mangels versuchen, ihre Beschäftig­ten zu

halten. Zudem führe der Umstand, dass die Kündigungs­fristen für Arbeiter und Angestellt­e angepasst worden sind, dazu, dass Kündigunge­n nicht mehr so rasch ausgesproc­hen werden können.

Keinen Grund zur Panik sieht das IHS auch angesichts der derzeit hohen Inflation. Er gehe davon aus, dass sich diese kommendes Jahr wieder normalisie­ren werde, sagt IHS-Experte Sebastian Koch. Haupttreib­er sind derzeit die Energiepre­ise. Dienstleis­tungen und die Lieferengp­ässe wirkten sich weniger stark aus als etwa in Deutschlan­d, sagt Koch: „Eine anhaltend hohe Inflation sehe ich nicht.“

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Der Anstieg der Arbeitslos­igkeit hält sich in Grenzen. Bleiben die Betriebe weiter geschlosse­n, könnte sich das ändern.

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