Unser Leben im Lockdown
Gelassen hinnehmen, was ist: manchmal gar nicht so einfach. Speziell, wenn die unterschiedlichsten Bedürfnisse auf einen Nenner zu bringen sind. Wir haben vier Familien gefragt, wie es ihnen im vierten Lockdown geht. Eine Großfamilie, ein Paar mit kleinem Baby, eine Alleinerziehende und eine Familie mit erwachsenen Töchtern erzählen.
Nicht schon wieder! Es gab ein kollektives Stöhnen, als die Regierung vor zwei Wochen den mittlerweile vierten Lockdown in zwei Jahren verkündete. Für Familien ist diese Zeit besonders stressig: Sie bedeutet mehr Enge, mehr Konfliktpotenzial, mehr Organisation.
„Viele Familien sind stark am Limit, und das schon seit sehr langer Zeit“, weiß Ulrike Zartler. Die Soziologin an der Universität Wien befragt seit Beginn der Pandemie Eltern zu ihrer Situation. Auch jetzt führt sie wieder Interviews: „Nachdem es nicht der erste Lockdown ist, haben die meisten bereits Strategien entwickelt. Das sind jedoch mitunter sehr ungesunde Strategien, die langfristig problematisch sind.“Was sie meint: Mütter und Väter passen ihre Arbeit irgendwie ans Familienleben an, vernachlässigen eigene Bedürfnisse wie Essen, Schlaf und Bewegung. Auch die Kinder seien inzwischen pessimistisch, weil sie zum Beispiel schon den zweiten Geburtstag im Lockdown feiern.
Eine „Gewöhnung“an den Ausnahmezustand sei nicht zu erkennen, sagt Zartler: „Es gibt keinen Lockdownmodus, in den Familien einfach umstellen können.“Dafür würden sich die einzelnen Lockdowns zu stark voneinander unterscheiden. Speziell am aktuellen ist, dass es den Eltern überlassen wird, ob sie ihr Kind in die Schule schicken. Eine Entscheidung, die die Befragten belastet. „Sie müssen überlegen, welches Risiko sie dem Kind eher zumuten wollen: die sozialen Nachteile oder die gesundheitliche Gefahr.“Weil es für Eltern oft nicht mehr machbar ist, Beruf, Kinder und Homeschooling zu vereinbaren, gehen inzwischen gut drei Viertel der Kinder in die Schule – im zweiten Lockdown waren es 33 Prozent, im ersten nur fünf. Zudem kämpfen die Eltern mit Unsicherheit: „Welche Regeln gelten, und wie gehen wir damit um?“
Einsamkeit stellt sich ebenfalls als Problem dar, gerade bei Müttern mit kleinen Babys. „Sie fühlen sich isoliert“, sagt Andrea Schöniger, die virtuelle Treffs für Jungmamas veranstaltet. Nicht selten hätten sie depressionsähnliche Zustände. Was fehle, sei der Austausch, die Möglichkeit, andere Eltern zu fragen, ob es eigentlich normal ist, dass ein Baby nachts jede Stunde wach wird, oder wann man Kindern ein erstes Gläschen Karottenbrei geben kann.
Wie also gehen Familien mit der Situation um? Vier von ihnen erzählen aus dem Lockdownalltag.