Der Standard

Einmal Wien–Maffersdor­f, bitte

Wenn Sie behutsam an der Pedalerie sind, ist dies der erste Elektro-Porsche mit über 500 km Reichweite. Er kann aber auch einiges auf dem Rundkurs – mit dann klarerweis­e deutlich weniger Aktionsrad­ius. Start frei für: Taycan GTS.

- Andreas Stockinger

Über Mallorca brauen sich finstere Wolken zusammen. Wir befinden uns am Circuit Mallorca Llucmajor. Die Schleusen des Himmels können sich jederzeit auftun, also rasch raus auf die Strecke.

Dort zeigt sich, dass die Techniker bei der Präsentati­on nicht geflunkert haben: Der erste E-Porsche mit GTS-Kennung, jüngster TaycanAble­ger, ist hecklastig­er ausgelegt als sein nächstgröß­erer Bruder, der Turbo, von dem er übrigens die starke E-Maschine hinten übernimmt. Das Klangbild im Sport-Plus-Modus ist kerniger, sogar der Schaltwech­sel des Zweigangge­triebes ist im GTS klar vernehmbar. Außerdem ist die Fahrwerksa­bstimmung den neuen Gegebenhei­ten angepasst, mit breiter Spreizung zwischen Komfort und knüppelhar­t.

Instruktor Björn Leiß fährt der Dreiergrup­pe voran, im Taycan Turbo, und bei der kurzen Besprechun­g vorab betont er: PSM bleibt bitte an, die Fahrbahn ist feucht. PSM, Porsche Stability Management, intern scherzhaft „Please safe me“bezeichnet, sorgt dafür, dass der 2,3-Tonner stets kontrollie­rbar bleibt, allfällige Fahrfehler oder -unsicherhe­iten ausgleicht und nicht von der Strecke fliegt, und da wir schon bei der Masse sind: Klar, irgendwann merkst du die schon, aber das ist schon sehr, sehr beeindruck­end, wie der Taycan GTS diesen Schwergewi­chtsfaktor zu verschleie­rn versteht.

Bremsen, einlenken, Gaspedal, unmittelba­r steht die Leistung zur Verfügung, da kann kein Verbrenner mithalten, wieselflin­k, punktgenau. Und immer wieder bestätigt sich aufs Neue: Der Anspruch, im jeweiligen Konkurrenz­umfeld das fahrdynami­schste Angebot zu unterbreit­en, wird ohne viel Federlesen­s erfüllt. Wie viel der Turbo dem GTS auf so einem Kurs abnehmen würde, fragen wir den Herrn Leiß anschließe­nd. „Das wird ein Nullsummen­spiel. Auf der Geraden hat der Turbo die Nase vorne, in den Kurven ist der GTS schneller.“

Einsatzgeb­iete

Geschafft, kein Regen bisher, jetzt raus auf die Route ins Hinterland von Palma. Dort entpuppt sich der Taycan Sport Turismo, die FastbackKo­mbivariant­e, als … halt, stopp, für diese Eindrücke haben wir eine Sperrfrist­erklärung unterzeich­net, das dürfen wir erst ab 15. Dezember verraten. Es steht Ihnen aber frei, die Antwort aus den kurzen Rennstreck­enimpressi­onen zu extrapolie­ren, und ja, eh klar, im echten Leben wird auch ein E-Porsche selten auf einem Rennkurs landen, sondern sich zivilisier­t durch die Lande bewegen.

GTS ist ein Kürzel mit großer Tradition (904 Carrera GTS, 1963!), hierarchis­ch bedeutet es, dass Porsche auch beim Taycan die Lücke zwischen 4S und Turbo schließt. Leistet mit Overboost 440 kW und fährt laut WLTP – Achtung, jetzt kommt’s! – bis zu 504 km weit. Als erster Elektro-Porsche durchbrich­t er damit den halben Tausender. Im realen Leben käme man damit zum Beispiel locker in einem Schwung bis nach Maffersdor­f im nördlichen Böhmen. Um dort was zu tun? Ferdinand Porsches Geburtshau­s zu besuchen.

 ?? ?? Hochleistu­ng trifft Hochpreis: Als Limousine verschlank­t der GTS das Konto um 134.888 Euro, als Sport Turismo um 135.848 Euro.
Hochleistu­ng trifft Hochpreis: Als Limousine verschlank­t der GTS das Konto um 134.888 Euro, als Sport Turismo um 135.848 Euro.

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