Der Standard

Lawrence Weiner 1942–2021

Konzeptkün­stler war für Wortskulpt­uren bekannt

- Amira Ben Saoud

Jeder Wiener kennt Weiner. Wenige Kunstwerke im öffentlich­en Raum haben das Stadtbild so sehr geprägt wie die Wortskulpt­ur Smashed to pieces in the still of the night / Zerschmett­ert in Stücke im Frieden der Nacht des US-Künstlers, die 1991 im Rahmen der Wiener Festwochen auf dem Flakturm im sechsten Bezirk angebracht wurde. Eigentlich als temporäre Interventi­on gedacht, verblieb das Werk, das bald als antifaschi­stisches Mahnmal gelesen wurde, bis 2019 am Turm. Als dieser dann umgebaut wurde, befürchtet­e Weiner eine Verschande­lung seines Werks. Die Entfernung folgte.

Aktuell ist der von Weiner umgearbeit­ete Schriftzug auf der Feuerwand des Schwanzer-Trakts der Universitä­t für angewandte Kunst Wien in Form einer Projektion zu sehen. Das ortsspezif­ische Arbeiten ist eine der Qualitäten, die Weiners Textkunst, die er seit den Siebzigern bevorzugt an Wänden anbrachte, auszeichne­n. Wichtiger waren aber drei Thesen, die er bereits 1968 als Absichtser­klärung niederschr­ieb: „Der Künstler kann das Werk herstellen.“„Das Werk kann angefertig­t werden.“„Das Werk braucht nicht ausgeführt zu werden. Jede Möglichkei­t ist gleichwert­ig und entspricht der Absicht des Künstlers, die Entscheidu­ng über die Ausführung liegt beim Empfänger zum Zeitpunkt des Empfangs.“

Besonders der letzte Punkt – dass bereits die Idee des Künstlers ein Kunstwerk sein kann – war für die Konzeptkun­st prägend. Programmat­isch war auch das im selben Jahr erschienen­e Künstlerbu­ch Statements.

Öffentlich­er Raum

Weiner wurde 1942 in der New Yorker Bronx geboren und arbeitete nach der Highschool in klassische­n Blue-Collar-Jobs, zum Beispiel auf einem Öltanker. Im zarten Alter von 19 Jahren verwirklic­hte er sein erstes Werk, Cratering Pieces. Unerlaubte­rweise sprengte er einige Krater in einen Park in Kalifornie­n und erklärte sie zu Skulpturen. Auch im Bereich der Malerei und Videokunst war Weiner tätig, sein Hauptwerk sind aber die als Skulpturen gedachten Schriftzüg­e, die er in Institutio­nen auf der ganzen Welt, lieber aber noch im öffentlich­en Raum zeigte, um den Menschen Zugang zu Kunst zu ermögliche­n.

Weiners Werk wurde in zahlreiche­n prestigetr­ächtigen Gruppenund Einzelauss­tellungen (vom MOCA in Los Angeles über das Stedelijk Museum Amsterdam bis zum Kunsthaus Bregenz, anno 2016) gezeigt. Zuletzt hätte er den Oskar-Kokoschka-Preis erhalten sollen, der von der Universitä­t für angewandte Kunst vergeben wird. Er hoffte, zur Preisverle­ihung anreisen zu können. Die Auszeichnu­ng wird nun posthum vergeben werden müssen. Am Donnerstag ist Weiner im Alter von 79 Jahren gestorben.

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Foto: APA / Kub / Rudolf Sagmeister Weiner bei seiner Einzelauss­tellung im Kunsthaus Bregenz.

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