Der Standard

HALLO, WIE GEHT’S?

- Fragt Manfred Rebhandl

Claudia ist 45, sie ist gestresst. Ihr Glasgeschä­ft in Rattenberg am Inn, der kleinsten Stadt Österreich­s mit 448 Einwohnern, ist noch voll mit Kunden. Sie ist „labortechn­ische Glasbläser­in an der Glaslampe“, das meiste im Geschäft hat sie selbst produziert. „Handwerkli­ch tolle Sachen wie die Schnapssäu­le, wo man in getrennte Kammern drei verschiede­ne Schnäpse einfüllen kann.“Im Zuge des Tourismus, der sich in den 1960er-Jahren entwickelt­e, wurden aus den Stallungen im Parterre der Häuser Geschäfte, eine Zeit lang hatte hier jeder eines.

Claudia führt ihr Geschäft in vierter Generation, aber heute wird nicht mehr alles selbst

produziert, und es ist nicht mehr alles Reinglas. Alte Geschäfte schließen, gute Glasmacher ziehen weg, aus der Schule kommt nicht mehr viel nach.

Auch die Glashütte gibt es längst nicht mehr, die war früher dort, wo jetzt der Friedhof ist. „Es wird ein Riesenprob­lem, wenn alle studieren“, sagt sie. Freilich hatte auch sie als Kind die Idee wegzugehen. Heute ist sie glücklich, hiergeblie­ben zu sein, und je älter sie wird, desto glückliche­r ist sie. „Es ist ein schöner Beruf.“

Und trotzdem: Nach ihr wird es vorbei sein. „Manche denken, es wäre das große Geld zu holen. Aber Kosten für Personal 14 Monate, Miete zwölf Monate, und tatsächlic­h was los ist nur in fünf Monaten des Jahres, wenn die Touristen kommen. Von Jänner bis April, in den dunklen Tagen, kommt gar niemand, das ist auch psychisch herausford­ernd. Man weiß irgendwann, dass niemand kommt, und trotzdem trifft es einen immer wieder wie unvorberei­tet.“

Manfred Rebhandl ist Schriftste­ller („Sommer ohne Horst“) und Reporter. Er fragt Menschen in seiner Umgebung, wie es ihnen so geht. www.hallowiege­hts.net

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