Der Standard

Coworking für Fortgeschr­ittene

Mit dem Gewerbehof Seestadt baut die Wirtschaft­sagentur Wien quasi eine vertikale Fabrik, die Räume für bis zu 40 Betriebe bereitstel­len soll. Das IBA-Projekt ist auch ein Pilot der Produktive­n Stadt.

- Martin Putschögl

Nutzungsvi­elfalt, so lautete das Motto für das SeebogenQu­artier in der Seestadt Aspern. Und deshalb ist hier unter anderem auch die Mischung von Wohnen und Gewerbe ein großes Thema.

Gleich neben dem nördlichen Ausgang der U2-Endstation, am Baufeld H6, wird schon seit März am Wohnen- und Gewerbehof gebaut. Auf einem gemeinsame­n Sockel errichten fünf Bauträger sechs Baukörper mit vier bis sieben Geschoßen, in denen zum Großteil Wohnungen entstehen. Ein Bauteil aber, jener an der Ecke Sonnenalle­e und Mela-Köhler-Straße, wird der Gewerbehof Seestadt: ein Gewerbeobj­ekt, das dem produziere­nden Gewerbe vorbehalte­n ist – sozusagen als „vertikale Fabrik“.

Die Wirtschaft­sagentur Wien als Bauherrin will damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits soll Raum geschaffen werden „für Betriebe, die an ihren alten Standorten unter Druck geraten, weil der Wohnbau heranrückt“, sagt Rainer Holzer, Immobilien­Chef der Wirtschaft­sagentur Wien. Anderersei­ts sollen die Betriebe, die hier einziehen werden, auch als eine Art zusätzlich­e Nahversorg­ung für die Seestadt fungieren, die als „Stadt der kurzen Wege“geplant ist.

Als Pilotproje­kt des städtische­n Fachkonzep­ts Produktive Stadt will man hier eine „neue Typologie“erproben, wie sich Wohnen und Gewerbe verbinden lassen. Und nicht zuletzt spielt auch das Thema Bodenversi­egelung bei der Entwicklun­g eine Rolle, sagt Holzer. Die gestapelte Bauweise und dazu die vielen gemeinscha­ftlich genutzten Einrichtun­gen sollen dafür sorgen, dass für Gewerbeans­iedlungen weniger Boden verbraucht werden muss.

Ladezone für Sattelzüge

Eine dieser Einrichtun­gen ist quasi das Herzstück des Gewerbehof­s, nämlich der Ladehof in der 5,30 Meter hohen Sockelzone. „Hier können auch Sattelzüge ein- und ausfahren“, sagt Holzer. Es sollte also die Anund Auslieferu­ng für sämtliche Gewerbeein­heiten möglichst so stattfinde­n können, dass die Bewohner der 270 Wohneinhei­ten nebenan (Bauträger ARE, Aphrodite, EGW, Schönere Zukunft) nicht allzu viel mitbekomme­n. Mit Schwerlast­aufzügen kann die Ware dann nach oben zu den einzelnen Betrieben oder auch ins Tiefgescho­ß gebracht werden, wo sich neben Pkw-Stellplätz­en auch rund 1000 Quadratmet­er an Lagerfläch­en befinden.

„Die Idee orientiert sich stark am Logistikbe­darf von produziere­nden Unternehme­n“, erklärt Projektlei­ter Werner Weiss von der Wirtschaft­sagentur. In den vier Obergescho­ßen mit Raumhöhen von 3,30 Metern entstehen rund 5300 Quadratmet­er an vermietbar­er Fläche für produziere­ndes Gewerbe. Im Endausbau werden sich bis zu 40 Unternehme­n hier einmieten können. Der Vertrieb startet im Frühjahr.

Flächen von 50 bis 500 Quadratmet­er kann man anbieten, sagt Holzer. Nebeneinan­derliegend­e Einheiten können kombiniert werden. Und auch sonst will man als Betreiber viel Service bieten: „Es gibt eine Betriebsan­lagengeneh­migung für das ganze Haus“; als einzelner Betrieb muss man sich darum also nicht mehr kümmern. Die Flächen werden im Edelrohbau vergeben, beim Ausbau will man unterstütz­en, auch mit Informatio­nen über Fördermögl­ichkeiten.

Sozialer Treffpunkt

Und im ersten Stock wird es einen sozialen Treffpunkt (Community-Hub) geben inklusive einer kleinen Freifläche. Der Freibereic­h zwischen den Baukörpern über dem Sockelgesc­hoß wird als begrünter Innenhof ausgeführt, mit Durchwegun­gen und inklusive eines Erdkoffers, der auch als Regenwasse­rsickeranl­age fungiert.

Mit Fernwärmea­nschluss samt Abwärmerüc­kspeisung in das Fernwärmen­etz, Photovolta­ik auf dem Dach und E-Lade-Stationen auch für Lkws will man auch energetisc­h vorbildlic­h bauen. Die Fertigstel­lung des gesamten Baufelds – inklusive der Wohnobjekt­e, wo im ARE-Bauteil dann auch ein Billa-Supermarkt aufsperren wird – ist für September 2022 geplant. Dann will man den ganzen Komplex auch bei der Internatio­nalen Bauausstel­lung (IBA Wien) herzeigen, die im zweiten Halbjahr 2022 läuft.

Mikrobüros auf Baufeld G13

Auch ein paar Baufelder weiter nördlich stand die Verbindung von Arbeiten und Wohnen im Fokus, im Fall der Wohnanlage der Arwag für Investor Real Invest auf Baufeld G13B, die kürzlich übergeben wurde, standen allerdings „nur“Freiberufl­er und Heimarbeit­er im Zentrum. DTA Architekte­n planten hier im Gründer-Innen-Hof zehn Arbeitsmai­sonettes entlang der BarbaraPra­mmer-Allee und weitere vier Hofmaisone­ttes im Bauteil an der Sonnenalle­e. Außerdem wurden 31 Wohneinhei­ten mit „zuschaltba­ren“Arbeitsräu­men ausgestatt­et, die über eine eigene Eingangstü­r verfügen. Zudem können 14 Mikrobüros im Haus angemietet werden.

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 ?? ?? Im oberen Teil der Mela-Köhler-Straße wird sich die Anlieferun­g abspielen. Der Gewerbehof ist ein Teil des Baufelds H6 in der Seestadt.
Im oberen Teil der Mela-Köhler-Straße wird sich die Anlieferun­g abspielen. Der Gewerbehof ist ein Teil des Baufelds H6 in der Seestadt.

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