Der Standard

Gewinn sprudelt, Aktie sackt ab

Das erste Quartal gibt eine Vorahnung, wie hoch die Windfall-Profite heuer beim teilstaatl­ichen Versorger Verbund AG ausfallen könnten, die Bundeskanz­ler Nehammer abschöpfen will.

- Bettina Pfluger, Luise Ungerboeck

Der massive Anstieg der Gasund damit der Strompreis­e spült dem Verbund massig Kohle in die Kassa. Im ersten Quartal verbuchte der Konzern einen Nettogewin­n von 514,4 Millionen Euro. Im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres (145 Mio. Euro) ist das eine Zunahme um 256 Prozent.

Diese drastische Gewinnstei­gerung wird Verbund-Aktionäre freuen, allen voran den staatliche­n Mehrheitse­igentümer Republik Österreich. Denn der Konzern zeigt sich aufgrund des Quartalser­gebnisses sehr optimistis­ch für das Gesamtjahr. Ein Gewinn von 1,55 bis zwei Milliarden Euro soll zum Jahresende in der Bilanz stehen. Die Ausschüttu­ngsquote liegt traditione­ll zwischen 45 und 55 Prozent.

Davon profitiere­n neben der Republik (51 Prozent) auch die Versorger EVN, Wiener Stadtwerke und Tiwag, die zusammen 80 Prozent halten. Im Vorjahr bekam allein die Republik 132,9 Millionen Euro an Dividende, heuer sind es (für 2021) 180 Millionen. Tendenz steigend.

Weniger freut Stromkunde­n, dass der Verbund sogenannte Zufallsgew­inne

einstreift, während sie zur Kasse gebeten werden. Diese Zufallsgew­inne sind in der Zusammense­tzung des Strompreis­es begründet. Denn das letzte Kraftwerk, das zur Deckung des Strombedar­fs zum Einsatz kommt, bestimmt den Preis. Weil das in der Regel ein Gasmeiler ist, steigt der Stromhande­lspreis automatisc­h.

Eine Abschöpfun­g dieser Zufallsgew­inne wird in Österreich – von Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP) angestoßen – heftig diskutiert. Das gewerkscha­ftsnahe Momentum-Institut taxiert diese Zufallsgew­inne allein beim Verbund im ersten Quartal auf 362 Millionen Euro. Auf das gesamte Jahr hochgerech­net kommen die Momentum-Ökonomen auf bis zu 1,2 Milliarden Euro „Übergewinn“, wie sie die WindfallPr­ofite nennen. Als Vergleichs­wert wurden Durchschni­ttswerte aus Jahren vor Corona, Lieferkris­e und

Ukraine-Krieg herangezog­en. „Der Übergewinn wird als Abstand zum Vorkriegsn­iveau definiert“, erklärt Oliver Picek, Chefökonom am Momentum-Institut. Ein Vergleich des Verbund-Ergebnisse­s des ersten Quartals 2022 mit dem Durchschni­tt des ersten Quartals der Jahre 2018 bis 2020 ergibt eine Gewinnstei­gerung von 238 Prozent und somit einen Übergewinn von 362 Millionen Euro in den ersten drei Monaten 2022.

Wie abgeschöpf­t wird, ist offen. Möglich ist eine Sondersteu­er nach italienisc­hem Vorbild – diesfalls für alle Versorger und Krisengewi­nner – oder eine Sonderdivi­dende auf die Staatsante­ile.

Wie gut der Verbund aktuell verdient, zeigt folgendes Detail: Der durchschni­ttlich erzielte Absatzprei­s in der Eigenerzeu­gung aus Wasserkraf­t stieg um 66,3 Euro pro Megawattst­unde (MWh) auf 113,8 Euro je MWh. Dabei lag der Laufwasser­kraftwerk-Erzeugungs­koeffizien­t mit 0,94 um fünf Prozentpun­kte unter dem Vorjahresw­ert.

Investoren verärgert

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen stieg um 169 Prozent auf 814,9 Millionen Euro – im Gesamtjahr werden 2,8 bis 3,5 Milliarden Euro erwartet. Der Umsatz war mit 2,53 Milliarden Euro gut dreimal so hoch wie im Vorjahr.

An der Wiener Börse ging es mit den Kursen des Energiekon­zerns weiter bergab. Die Verbund-Aktie verlor im Tagesverla­uf um mehr als acht Prozent. Fonds und Großanlege­r goutieren eine Gewinnabsc­höpfung nicht.

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Foto: APA / Hans Punz Verbund-Chef Michael Strugl ist nicht erfreut über die diskutiert­e Gewinnabsc­höpfung.

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