„Privates findet man hier eher weniger“
Ich arbeite seit 2004 beim Magistrat im Wiener Rathaus. Mein Verhältnis zum Büro ist grundsätzlich ein sehr funktionales. Ich denke dabei an den Bereich Computerarbeit, aber natürlich auch an verschiedene Formen der Kommunikation mit dem Team. Ich sehe im Büro keinen wirklich wohnlichen Aspekt, und die Natur, die finde ich bei mir zu Hause im südlichen Niederösterreich, wo ich eine Mikrolandwirtschaft mit Hühnern und Kaninchen betreibe.
Einen besonderen Stellenwert im Büro hat die weiße Wand gegenüber meinem Schreibtisch. Auf diese schaue ich oft und gerne, vor allem wenn es darum geht, Lösungen für Probleme durchzudenken. Sie erinnert mich auch an meine private langjährige Leidenschaft für das Schreiben. Ich schreibe in der Regel mit der Hand auf ein weißes Blatt Papier und übertrage den Text später in den Computer. Mein aktuelles, erst vor kurzem erschienenes Buch trägt den Titel Das große Beben, oder wie der pensionierte Beamte Dr. Tuzzi Österreich in Coronazeiten noch einmal erretten soll. Es handelt sich um eine Politsatire aus meiner Feder. Das Buch entstand in Anlehnung an die Tradition des Beamtenromans im Stil eines Jörg Mauthe. In meiner kreativen Arbeit spiele ich immer wieder auch mit Beamtenklischees, mit denen ich übrigens keinerlei Probleme habe. Ich kann darüber schmunzeln.
Problemzone • Aber zurück ins Büro im Rathaus. Ich bin Betriebswirt und arbeite mit einem sehr interdisziplinären Team. Wir stellen die strategische Einheit des Magistrats dar, wobei ich im Bereich Organisation beschäftigt bin. Es geht darum, Problembereiche zu analysieren, Strukturen zu etablieren und einiges mehr. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Klimaneutralität in Wien bis zum Jahr 2040, wie es das Regierungsprogramm vorsieht. Unsere Abteilung beschäftigt sich in diesem Fall mit der Aufgabe, Strukturen und Prozesse zu schaffen, um in den nächsten Jahren im Zusammenwirken mit verschiedensten Dienststellen dieses Ziel erreichen zu können. Eine Unzahl an organisatorischen Aufgaben kam natürlich auch während der Pandemie auf unsere Abteilung zu, von den Teststrukturen bis hin zur Organisation von Kundenverkehr in Ämtern während Corona und vieles mehr.
Apropos Corona, während der vergangenen zwei Jahre durchlebte ich verschiedene Homeoffice-Phasen. Im Homeoffice zu arbeiten war bei uns im Magistrat allerdings auch schon vor der Pandemie möglich. Insofern stellte diese Form des Arbeitens für uns keinen großen Kulturschock dar. Ich denke, bestimmte Elemente aus dem Bereich Videokonferenzen werden bleiben, wenn sie sich als positiv herausgestellt haben. Bei größeren und längeren Interaktionen macht es natürlich mehr Sinn, wieder zusammenzukommen. Kurz gesagt, manches aus dieser Zeit hat sich etabliert, anderes wird wieder verschwinden.
Private Dinge findet man in meinem Büro eher wenige. Ich kann eine Reihe von Zitaten und Sprüchen anbieten, die an meiner Pinnwand hängen. Die meisten beziehen sich auf Organisationsproblemstellungen, wenn Sie so wollen. Wie wäre es mit „Ich habe zwar keine Lösung, bewundere aber das Problem“, oder „Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen“. Solche Dinge begegnen mir auch immer wieder mal im realen Umfeld. Sie stehen aber auch für einen Anker zu meinen privaten Ambitionen in Sachen Schreiben und Politsatire. So wie die weiße Wand die Verbindung zum Blatt Papier darstellt.
Was ich mir unter dem idealen Büro vorstelle, wenn es keine finanziellen Grenzen gäbe? Vielleicht ein großzügiges Office oben auf dem Kahlenberg mit Blick über die Stadt, denn ich habe meine Aufgabe gern in meinem Blickfeld. Wenn ich jetzt aus dem Fenster blicke, sehe ich eine UBahn-Baustelle. Die ist zwar manchmal laut, aber auch sie steht für das, wofür wir hier arbeiten.“