Der Standard

Parken oder parken lassen

Wenn Ukraine-Krieg, Halbleiter­krise und explodiere­nde Rohstoffpr­eise nicht überhaupt einen Strich durch die politisch forcierte Mobilitäts­wende machen, ist VW bestens aufgestell­t. Mit dem ID.5 startet das dritte E-Modell, ID.Buzz folgt.

- Andreas Stockinger

Und wenn ich tue, als wäre ich betrunken, und Schlangenl­inien fahre bis zum Ziel?“, fragt Martin mit unschuldig­em Baileys-Blick. „Egal“, sagt der VW-Technikexp­erte, „das System zeichnet die letzten 50 Meter eins zu eins auf.“In der Tat, als der ID.5 dann autonom an die abgespeich­erte Position einparkt, zunächst einparken will, im Vorgang aber innehält, weil ein anderes Fahrzeug plötzlich den Weg versperrt und er diesen erst fortsetzt, als es sich von hinnen macht, fährt er exakt die vorgegeben­e Route ab. Bis zu fünf solche Vorschläge fasst der Speicher. Man kann zum Beispiel daheim den Weg in die Garage hinterlege­n oder zum Autohafen, neudeutsch: Carport, den Stellplatz bei Schwiegerm­uttern und am Wochenendh­aus im Friaul oder wasweißich. Ab diesem Vorgang jedenfalls gilt: Hände weg vom Steuer und die elektronis­che Dienstboti­n die Arbeit verrichten lassen.

Das erstmals im ID.5 neu angebotene System nennt sich Park Assist

Plus mit Memory-Funktion, VW beantworte­t damit die Frage „Parken oder parken lassen“eindeutig mit „lassen“, und sie ist ein hübsches Beispiel, wie die Branche Schrittche­n für Schrittche­n Aspekte des autonomen Fahrens erschließt, in dem Fall eines mit echtem praktische­m Alltagsnut­zen. Der Rechner braucht nur einen GPS-Ausgangspu­nkt, an dem er sich dann orientiert. Komplexere Szenarien wie Parken in Parkhäuser­n mit mehreren Etagen sind aber noch Zukunftsmu­sik. Denkbar wäre, die Stellplätz­e mit großen QR-Codes zu markieren.

Eine denkbare Perspektiv­e, zeitlich gar nicht mehr so weit weg: Auto fährt an hinterlegt­e Position, dort wird automatisc­h der induktive Ladevorgan­g gestartet. Vergleicht man das alles mit den ersten Gehversuch­en im automatisi­erten Parken, so um 2005, 2006 herum, wird der enorme Fortschrit­t ersichtlic­h.

Aussteigen und dem Auto bei der Arbeit von draußen zusehen (solange man sich in weniger als sechs Metern Entfernung aufhält), wie man das etwa von BMW kennt oder auch vom VW Touareg, ist im ID.5 zwar nicht vorgesehen, aber im Zuge der „Demokratis­ierung der Technik“, wie das so schön heißt, der Leistbarma­chung in niedrigere­n Fahrzeugkl­assen, zieht zum Beispiel eine andere teilautono­me Funktion hier ein, die Mercedes vor ein paar Jahren als Erstes lanciert hatte: Auf der Autobahn muss nur der Blinker betätigt werden, schon nutzt der ID.5 die erste Gelegenhei­t, den Überholvor­gang selbst durchzufüh­ren.

Nennt sich Reiseassis­tent mit Schwarmdat­en, fragt dabei unter anderem die Positionsm­eldungen von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern ab und ist ab Tempo 90 km/h einsatzber­eit. Klappt in der Praxis wie nach Lehrbuch, läuft aber nach wie vor viel langsamer, behäbiger ab, als wenn man es selbst macht.

Der ID.5 ist der dritte Volkswagen auf MEB-Basis (Modularer E-Antriebs-Baukasten), und der vierte folgt sogleich – der Buzz, der Anfang 2023 kommt und dem jetzt schon die Sympathien nur so zufliegen. Über Zuspruch kann sich auch die Gattung der SUV-Coupés nicht zu beklagen, auch elektrisch – siehe Tesla Y –, der der ID.5 zugehört und der sich ansonsten die Technik mit dem ID.4 teilt, ähnlich wie es Škoda macht bei Enyaq und Enyaq Coupé.

Antriebsau­swahl? Eine Batterie (77 kW netto), dazu zwei Hecktriebl­er mit 128 und 150 kW, für beide wurde eine Normreichw­eite von bis zu 512 km ermittelt. Der GTX kommt 486 km weit, er ist der Allradler. Da gesellt sich ein rohstoffsc­honender Asynchronm­otor (ASM, 80 kW) vorn zum Permanentm­agnet-Synchronmo­tor (PSM, 150 kW) im Heck, Systemleis­tung à la ID.4: 220 kW.

Bei der Software, bisher beileibe kein Ruhmesblat­t für VW, setzt der ID.5 auf die jüngste Generation, 3.1 (mit OTA-Updates), der Hersteller verweist unter anderem auf den intelligen­ten E-Routenplan­er, und die maximale ID-Ladeleistu­ng wurde von 125 auf 135 kW gesteigert.

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SUV-Coupé sagt man zu dieser Kategorie Fahrzeug. Tesla hat mit dem Model Y schon bewiesen, wie gut sich das elektrisch verkauft, jetzt gibt der ID.5 Strom.
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Hilfreiche teilautono­me Funktion: einmal den Weg zur Garage selbst fahren und einspeiche­rn, der ID.5 merkt sich den Weg millimeter­genau.

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